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Der Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ist um eine Facette reicher: Knapp nachdem US-Präsident Donald Trump zusätzliche Strafzölle für chinesische Importe ab September angekündigt hatte, brandmarkte die US-Regierung China erstmals seit 1994 offiziell als ein Land, das den Kurs seiner Währung manipuliert, um sich damit Vorteile im internationalen Wettbewerb zu sichern. Ein Dollar kostete am Montag nach elf Jahren erstmals wieder mehr als sieben Yuan. Diese Marke galt unter Experten lange Zeit als vermeintliche rote Linie, die die chinesische Notenbank nicht überschreiten werde.

Mit der Manipulation seiner Währung verstoße das Reich der Mitte gegen seine Verpflichtungen als Mitglied der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer, erklärte US-Finanzminister Steven Mnuchin. Er forderte Peking nun auf, alle Währungsgeschäfte künftig mit größerer Transparenz und Fairness durchzuführen. Der US-Finanzminister werde dazu Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einleiten, heißt es. Was ist passiert, und was bedeutet das?

Frage: Hat China seine Währung manipuliert?

Antwort: Ja. In China ist es üblich, dass die Währung kontrolliert wird, um sie stabil zu halten. Das passiert, indem die Notenbank die eigene Währung kauft oder verkauft. Die Debatte, ob China seine Währung manipuliert, wird daher fast bei jeder größeren Marktbewegung geführt. Am Montag deutete sich am Markt eine Schwächung des Yuan an. Diesmal hat die Notenbank aber auf eine Intervention verzichtet und somit den Markt gewähren lassen. Sie hat in dem Fall also durch bewusstes Stillhalten interveniert. "Das ist ein klares politisches Signal an die USA gewesen", erklärt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank. Damit habe China gezeigt, dass es die von den USA auferlegten Zölle über die Währung ausgleichen kann.

Frage: Wie rechtfertigt China die Yuan-Abwertung?

Antwort: Peking sieht darin keine Währungsmanipulation, sondern eine Anpassung des Yuan-Kurses auf ein angemessenes, ausgewogenes Niveau. Das lässt sich dadurch argumentieren, dass Chinas Wirtschaft im zweiten Quartal so langsam gewachsen ist wie seit 27 Jahren nicht mehr. Trotz des bremsenden Effekts des Handelskonflikts betrug das Wachstum auf Jahressicht immer noch stattliche 6,2 Prozent.

Frage: Was bedeutet ein schwächerer Yuan?

Antwort: Ein niedrigerer Wechselkurs zum Dollar verbilligt den Preis chinesischer Produkte in den USA und verteuert Uncle Sams Ausfuhren ins Reich der Mitte. US-Präsident Donald Trump versuchte zuvor mit seinen Strafzöllen auf chinesische Produkte, den Preis der Waren nach oben zu treiben, damit US-Konsumenten lieber zu heimischen Waren greifen statt zu chinesischen Einfuhren.

Frage: Kann China damit die Wirkung der Strafzölle ausgleichen?

Antwort: Bisher nur teilweise. Eigentlich würde China einen Kurs von 7,40 Yuan für einen Dollar benötigen, um die Bremsspuren in der Konjunktur durch die US-Zölle gänzlich auszugleichen, rechnet der Deutsche-Bank-Experte Ulrich Stephan vor. Allerdings erscheinen ihm 7,20 Yuan für einen US-Dollar zunächst als neue Obergrenze für die chinesische Notenbank als realistisch.

Frage: Ist es wichtig, dass US-Politiker China jetzt offiziell beschuldigen, die Währung zu manipulieren?

Antwort: Formal ja. Hauptzweck der Einstufung als Währungsmanipulator ist, dass laut einem US-Gesetz aus dem Jahr 1988 Verhandlungen mit dem betroffenen Land über dessen Devisenpraktiken erzwungen werden können. Die USA verhandeln allerdings bereits seit zwei Jahren mit China über den Handel, Währungsfragen waren dabei immer auch Thema. Alternativ kann mit dem IWF daran gearbeitet werden, die Situation zu entspannen. Wird keine Lösung gefunden, kann der US-Präsident Sanktionen verhängen – etwa den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen oder von gewissen Entwicklungsfinanzierungen. Diese Waffe ist allerdings stumpf, da China in beiden Fällen kein wichtiger Auftragnehmer beziehungsweise Empfänger ist.

Frage: Versuchen auch die USA den Wert des Dollars zu drücken?

Antwort: Zumindest indirekt, etwa indem sich Trump seit Monaten mit lautstarker Kritik in die Geldpolitik der offiziell unabhängigen Notenbank Fed einmischt. Er fordert vehement eine expansivere Geldpolitik, was den Wert des Dollars gegenüber anderen Währungen schwächen würde. Zuletzt pochten vier Vorgänger des amtierenden Fed-Chefs Jerome Powell öffentlich auf die Unabhängigkeit der Notenbank und schossen eine Spitze Richtung Trump ab, indem sie erklärten, es sei wichtig, dass die Fed Entscheidungen im Interesse des Landes treffe und "nicht auf Basis der Interessen einer kleinen Gruppe von Politikern". Dessen ungeachtet wird an den Finanzmärkten im September eine weitere Zinssenkung der Fed erwartet.

Frage: Wie werden andere Notenbanken reagieren?

Antwort: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird voraussichtlich ab September ebenfalls den Weg Richtung noch expansiverer Geldpolitik einschlagen und wahrscheinlich ihr Anleihenkaufprogramm wiederaufnehmen. Mit der Bank of Japan steht eine weitere große Notenbank Gewehr bei Fuß, um Schaden für die exportorientierte Wirtschaft des Landes abzuwenden. Es droht also ein Abwertungskreislauf zwischen den Währungsräumen.

Frage: Beschränken sich die Auswirkungen des Handelskonflikts auf China und die USA?

Antwort: Nein, indirekt sind sie auch in anderen Regionen spürbar. Leidet die Konjunktur in den USA und China, werden beide Regionen weniger Importe aus Europa aufnehmen können. Zudem sorgt eine extrem expansive Geldpolitik neben einer Schwächung der Währung auch dafür, dass für Sparer der Vermögensaufbau massiv erschwert wird.

Frage: Wie wirkt sich der Währungskrieg an den Finanzmärkten aus?

Antwort: An den Börsen hat die Verunsicherung über den tobenden Handelskrieg zuletzt deutlich zugenommen. Das hat in einer ersten Reaktion zu großen Kurseinbußen an den Aktienmärkten geführt. Viele Investoren befürchteten, dass Politiker beider Länder mit immer neuen Gegenmaßnahmen reagieren werden. Das könnte das Wachstum der Weltwirtschaft abwürgen.

Frage: Welche Anlagen profitieren in dieser Situation?

Antwort: Investoren fliehen in sogenannte sichere Häfen wie deutsche Bundesanleihen, die zuletzt bei Laufzeiten von bis zu 30 Jahren negative Renditen aufwiesen. Unter herkömmlichen Währungen gilt der Schweizer Franken als Fluchtmöglichkeit, der gegenüber dem Euro auf den höchsten Stand seit Mitte 2017 gestiegen ist. Das hat vor allem für die in Österreich ausstehenden Frankenkredite ungünstige Auswirkungen, da die Restschuld in Euro ansteigt. Aber auch alternative Währungen wie Gold oder Bitcoin sind im Wert zuletzt deutlich angestiegen.

Frage: Kann China mit seinen Gegenmaßnahmen Trump zum Einlenken bewegen?

Antwort: Das ist ungewiss. Bezüglich der zusätzlichen US-Zölle erklärte das Handelsministerium in Peking auch, dass Chinas Unternehmen den Kauf von US-Agrarprodukten eingestellt hätten. Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners sagt dazu: "China trifft genau die Stelle, an der Trump besonders verwundbar ist. Bisher hat er sich als Schutzpatron der US-Agrarindustrie präsentiert." In Verhandlungen hat Trump etwa höhere Quoten für den Rindfleischexport in die EU durchgesetzt. Viele landwirtschaftlich geprägte US-Bundesstaaten gehören zu Hochburgen von Trump, der sich 2020 wieder Präsidentschaftswahlen stellen muss. Sein Wirtschaftsberater Larry Kudlow kündigte am Dienstag an, Trump wolle die Verhandlungen mit China fortsetzen: "Er möchte ein Abkommen schließen, aber es muss das richtige Abkommen für die USA sein." (Alexander Hahn, Bettina Pfluger, 7.8.2019)