Wie oft Pkws auf den Teststrecken tatsächlich mit 140 km/h unterwegs waren, weiß man gar nicht so genau.

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Wien – So harmlos und vor allem ohne negative Auswirkungen wie vom früheren Verkehrsminister und nunmehrigen FPÖ-Obmann Norbert Hofer dargestellt, ist eine Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen von 130 auf 140 km/h bei weitem nicht. Das erschließt sich aus der eigens erstellten "Begleituntersuchung Luftschadstoffe", die vom Laboratorium für Umweltanalytik im Auftrag der TU Wien erstellt wurde, die ihrerseits von der Autobahngesellschaft Asfinag beauftragt war.

Die Luft-Studie führt wohl zu dem Schluss, dass die CO2-Emissionen aufgrund der Erhöhung des Tempolimits nur 1,2 bzw. 1,6 Prozent betragen. Als Freibrief für eine generelle Anhebung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen und Schnellstraßen empfehlen sich diese Messergebnisse allerdings nicht. Denn zu groß sind die möglichen Variationen der maßgeblichen Umgebungsparameter wie Wind, Durchlüftung oder Temperatur.

Viel Verkehr, weniger Tempo

Der registrierte geringe Anstieg an klimaschädlichen Kohlendioxidemissionen könnte genausogut daran liegen, dass sich die auf den Streckenabschnitten in Nieder- und Oberösterreich tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit de facto nicht erhöht hat, weil beispielsweise zu viel Verkehr oder die Witterung schlecht war. Luftgütemessungen allein beziehungsweise deren Messverfahren seien für eine umfassende Beurteilung dieser Problemstellung zu unspezifisch, warnen Umwelttechniker. "Signifikante Unterschiede in der Immissionsbelastung, welche auf die unterschiedlichen Tempolimits zurückzuführen sind, konnten im Untersuchungszeitraum nicht verifiziert werden", räumen denn auch die Autoren der 75-seitigen Erhebung ein, die dem STANDARD vorliegt.

Heißt auf gut Deutsch: Umlegen auf ganz Österreich darf man die Ergebnisse seriöserweise nicht.

Lkws mitgerechnet

Auf einen Schlag mehr als doppelt so hoch sind die Emissionen in den Testzonen, wenn die Emissionen des Schwerverkehrs herausgerechnet werden, rechnet Greenpeace vor. Die Zunahme allein für die beiden A1-Abschnitte Allhaming und Amstetten mache an die 5700 Tonnen pro Jahr aus.

Der Grund: Es wurden nicht die Gesamtemissionen jener Kfz gemessen und verglichen, die tatsächlich schneller fuhren, sondern die gesamten Emissionen auf den Teststrecken. Diese stiegen von 18,59 auf 18,83 Millionen Tonnen. Da Lkws und Busse 42 Prozent der Schadstoffe ausstoßen, diese "Brummis" aber nicht schneller fahren dürfen als früher, verfälschen sie den Effekt von Tempo 140 durch Diesel- und Benzin-Pkws.

"Wunder von Niederösterreich"

Tatsächlich stieg der CO2-Ausstoß von Benzin-Pkws laut Studie von 2,69 auf 2,681 Tonnen und jener von Diesel-Pkws von 4,91 auf 5,05 Tonnen. "Dieses Wunder von Nieder- und Oberösterreich ist eine Irreführung der Öffentlichkeit", echauffiert sich Volker Plass von Greenpeace.

"Bei mehr Energieverbrauch steigen die Emissionen automatisch", sagt auch Umwelttechniker Christian Hübner vom Laboratorium für Umweltanalytik, das die Luftgütemessungen durchgeführt hat. "Das ist Physik, dafür braucht man nicht extra zu messen." (Luise Ungerboeck; 7.8.2019)