Um die Energiewende zu schaffen, müssten viel mehr Hausdächer für Sonnenenergiegewinnung aufgerüstet werden. Vielfach fehlt es aber an Anreizen.

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Wien – Einen "wichtigen Schritt" nannte Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) das in der türkis-blauen Energiestrategie festgelegte 100.000-Dächer-Programm. Gemeint war der Fotovoltaik-Ausbau, der nach wie vor schleppend voranschreitet. Gerade einmal zwei Prozent des Solarstrom-Potenzials seien derzeit in Österreich erschlossen, hieß es am Mittwoch in einer Pressekonferenz der Umweltorganisationen Global 2000 und des WWF. Die NGOs fordern von der Bundesregierung einen Fotovoltaik-Ausbauplan. Die Initiative wurde von 256 heimischen Unternehmen unterzeichnet – darunter auch Konzerne wie die Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Bipa) und die ÖBB.

Denn seit der Veröffentlichung der Klimastrategie im April 2018 sei im Solarbereich "nichts" passiert, kritisierte Cornelia Daniel, Geschäftsführerin des Solarberatungsunternehmens Dachgold. Wie auch andere beteiligte Firmen stellt sie die unterschiedlichen Förderregime in den einzelnen Bundesländern infrage.

Steuern streichen

Die Initiative fordert unter anderem die bisher noch nicht umgesetzte Streichung der Eigenverbrauchssteuer. Diese könnte "mit einem Satz im Gesetz" der Vergangenheit angehören, so Daniel. Außerdem seien die Hürden für die Genehmigung von Fotovoltaikanlagen nach wie vor zu hoch, die Förderungen zu niedrig. Viele Unternehmen wollen Geld für den Solarausbau in die Hand nehmen, meint die Unternehmerin, die Bürokratie würde sie aber letzten Endes oft abschrecken. "Das 100.000-Dächer-Programm wurde nie mit Leben erfüllt."

Um das nationale Ziel, den Gesamtstromverbrauch (bilanziell) bis 2030 zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu erreichen, wären auch viel mehr als jene 100.000 Dächer notwendig, meinte Johannes Wahlmüller von Global 2000. Vielmehr müsste das Programm jährlich über die kommenden zehn Jahre realisiert werden. "Ohne Gesetzesänderung ist das aber nicht möglich", so Wahlmüller.

Ausbaupfad

So wären für einen "guten Aufbaupfad" mindestens 36 Millionen Euro pro Jahr notwendig und nicht – wie bisher – acht Millionen Euro. Ganz so hoch dürfte der Betrag im kommenden Jahr jedenfalls nicht ausfallen: Ende September soll in der letzten Nationalratssitzung vor der Wahl zwar über eine Erhöhung der PV-Mittel abgestimmt werden. In dem entsprechenden Antrag ist jedoch nur von "zusätzlich einmalig 15 Millionen Euro" die Rede.

Auch WWF-Klimasprecher Karl Schellmann attestiert der Sonnenergie großes Potenzial: "Hier kann viel und vor allem kostengünstiger Strom erzeugt werden." Um den Ausbau voranzutreiben, müssten Förderregeln vereinfacht und mehr Beratung angeboten werden. Laut Schellmann zahle Österreich pro Jahr bis zu elf Milliarden Euro für fossile Energieimporte. Um eine Energiewende zu erreichen, müssten jene Mittel vielmehr in den Ausbau Erneuerbarer investiert werden.

Bürgerbeteiligung

Bei Einfamilienhäusern sei der Investitionsbedarf mit bis zu 12.000 Euro pro Anlage zwar nach wie vor relativ hoch, mit zunehmender Größe der Anlagen würden aber auch die Kosten sinken. Die Initiative fordert daher auch die einfachere Umsetzung von Bürgerbeteiligungsanlagen. "Es gibt keine Technologie, die mit so wenig Geld einen so großen Schub erhalten kann", hieß es dazu am Dienstag. (lauf, 7.8.2019)