Umweltschützer und Forscher sagen, Bolsonaros Rhetorik ermutige Holzfäller, Viehzüchter und Bergbaubetreiber, den Regenwald abzuholzen.

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São Paulo – Das Amazonasbecken im Zentrum Lateinamerikas ist ungefähr so groß wie Australien. Dank seiner 400 Milliarden Bäume und der dichten Vegetation produziert der Amazonas-Regenwald seit mehreren Millionen Jahren ein Fünftel des Sauerstoffs auf der Erde, speichert über Jahrhunderte angesammelte Mengen an Kohlenstoff und verbraucht eine unbekannte, aber signifikante Menge an Sonnenwärme.

Die Abholzung dieses so wichtigen Regenwaldes in Brasilien hat sich im Jahr 2019 rasant beschleunigt. Im Juli war die Fläche des zerstörten Waldes um fast das Vierfache höher als im gleichen Monat des Vorjahres, wie das brasilianische Institut für Weltraumforschung (INPE) am Dienstag mitteilte.

Ausmaß im Juli fast viermal so hoch wie im Vorjahr

Das Institut liefert Satellitenbilder zum Zustand des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes, der als Lunge der Erde gilt und im globalen Klimaschutz eine unverzichtbare Rolle spielt. Laut INPE wurden im Juli in dem südamerikanischen Staat insgesamt 2.254 Quadratkilometer Wald abgeholzt, im Juli 2018 waren es noch 596,6 Quadratkilometer. Das entspricht einer Zunahme von 278 Prozent. Im vergangenen Juni lag das Ausmaß der Abholzung den Angaben zufolge noch um 88 Prozent über dem Volumen des entsprechenden Vorjahresmonats.

Brasilien holzt immer mehr Regenwald ab
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Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro zweifelt den menschengemachten Klimawandel an. Mit seiner Politik begünstigt er den Raubbau am Amazonas-Regenwald. Es ist daher nicht weiter überraschend, dass dem rechtsextremen Präsidenten die Daten, die das INPE über die Rodung veröffentlicht, nicht passen. Vergangene Woche feuerte er deshalb den Direktor des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE), Ricardo Galvao. Er wirft dem Institut vor, "lügnerische" Zahlen über den Zustand des Regenwaldes zu liefern. "Wir können Sensationsgier oder die Propagierung ungenauer Zahlen, die das Bild Brasiliens schwer beschädigen, nicht hinnehmen", erklärte Bolsonaro kürzlich.

Außerdem gab der Sprecher von Bolsonaro bekannt, eine Export-Kampagne zu starten um den drohenden internationalen Boykott brasilianischer Produkte zu entgegnen. Als die Ausmaße der Abholzung bekannt wurden, wurde Bolsonaro weltweit kritisiert.

Reform des Amazonas-Fonds

Inmitten dieser hitzigen Diskussion will Bolsonaro den Amazonas-Fonds zum Schutz des Regenwaldes reformieren und schränkt damit das Mitspracherecht der Zivilgesellschaft ein. Der Lenkungsausschuss, in dem neben Vertreter der Bundesregierung und der Bundesstaaten auch Repräsentanten der Zivilgesellschaft sitzen, solle in Zukunft nur noch eine beratende Funktion haben, sagte Umweltminister Ricardo Salles am Mittwoch im Parlament.

Das operative Geschäft solle künftig von einem Exekutivausschuss geführt werden. Der Amazonas-Fonds mit einem Volumen von knapp 800 Millionen Euro wird von Norwegen und zu einem kleinen Teil auch von Deutschland finanziert. Mit dem Geld sollen die Abholzung des Regenwaldes gestoppt, Aufforstungsprojekte finanziert und die indigene Bevölkerung unterstützt werden. Zuletzt hatten allerdings Pläne des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro für Ärger gesorgt, der die Mittel auch für die Entschädigung von Farmern verwenden will.

Umweltminister Salles verbat sich nun die Einmischung der Geldgeber in die Mittelverteilung. Es sei das Recht Brasiliens, über die Nutzung des Amazonasgebiets zu entscheiden. "Norwegen, der größte Geldgeber des Fonds, fördert Öl am Polarkreis, in einem sensiblen Gebiet. Gleichzeitig unterstützt es Nichtregierungsorganisationen, die die Ausbeutung der Bodenschätze im Amazonasgebiet komplett verbieten wollen. Was für ein Widerspruch", sagte er vor den Abgeordneten. (red, APA, 7.8.2019)