Am 13. Oktober wählt Polen ein neues Parlament. Alle Umfragen weisen darauf hin, dass die regierende PiS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) erneut eine deutliche Mehrheit erlangen wird. Bei der Wahl im Oktober 2015 errang die PiS 235 der 460 Sitze im Sejm, um die angestrebten Verfassungsänderungen durchziehen zu können, würde die nationalkonservative Partei aber 307 Abgeordnete benötigen.

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PiS-Chef Jarosław Kaczyński im EU-Wahlkampf.
Foto: REUTERS/Kacper Pempel

Auf der Suche nach Stimmen nimmt die Partei Jarosław Kaczyńskis viel Geld in die Hand. So wurde Ende Juni beschlossen, allen Eltern eine Beihilfe von 500 Złoty (115 Euro) im Monat für ihr erstes Kind auszuzahlen, was bisher nur einkommensschwachen Familien oder ab dem zweiten Kind gewährt wurde. Erstmals überwiesen wird die Unterstützung praktischerweise im Oktober, pünktlich zur Wahl.

Einmalzahlung für Pensionisten

Auch Behinderte sollen künftig 500 Złoty im Monat erhalten, beschloss das Unterhaus des Parlaments Ende Juli. Das Gesetz soll im Oktober in Kraft treten. Vor der EU-Wahl im Mai erhielten alle Pensionisten eine Einmalzahlung von 1.100 Złoty (254 Euro), die PiS erreichte damals 45,4 Prozent der Stimmen, das Oppositionsbündnis "Europäische Koalition" kam auf 38,5 Prozent.

Außerdem sollen Arbeitnehmer unter 26 Jahren von der 18-prozentigen Einkommenssteuer befreit werden, solange sie weniger als 85.528 Złoty (19.811 Euro) im Jahr verdienen. Da das Durchschnittseinkommen in Polen bei 60.000 Złoty (13.900 Euro) liegt, würde bis zu zwei Millionen Angehörige dieser Altersgruppe, in der die PiS besonders unpopulär ist, betreffen.

Kritiker wie der Ökonom und Abgeordnete Ryszard Petru befürchten allerdings, dass potenzielle Arbeitgeber diesen Bonus einfach vom Einstiegsgehalt abziehen werden. Wenn die Angestellten dann die Altersgrenze erreichten, würden sie wohl durch billigere, jüngere Arbeitskräfte ersetzt, erklärte er bei der Debatte im Sejm.

Insgesamt fallen durch die freizügigen Ausgaben vor der Wahl heuer Mehrkosten von 31 Milliarden Złoty (7,1 Milliarden Euro) an, 2020 wird dieser Betrag auf 41 Milliarden (9,5 Milliarden Euro) steigen. Die Kosten sollen durch Kürzungen im Erziehungs- und Gesundheitsbereich sowie bei der Modernisierung der polnischen Kohlekraftwerke kompensiert werden.

Inserate für rechte Medien

Ein wichtiges Thema im Wahlkampf werden die Bemühungen der PiS sein, Polen vor der "regenbogenfarbigen Pest", wie es der Erzbischof von Krakau formulierte, zu retten. Diese sei aus dem gleichen Geist wie die "rote Pest" entstanden, erklärte Marek Jędraszewski in seiner Rede zum Jahrestag des Warschauer Aufstands im Zweiten Weltkrieg. Die Bemühungen um die Gleichstellung sexueller Minderheiten bezeichnete der Kirchenmann als "neomarxistisch".

Ein wichtiger Verbündeter der PiS in diesem Kampf sind rechte Tages- und Wochenzeitungen. So lag einer Ausgabe der "Gazeta Polska" Ende Juli ein Aufkleber bei, mit dem man seine Wohnung zur "LGBT-freien Zone" erklären konnte.

Die umstrittene "Gazeta Polska"-Ausgabe.
Foto: APA/AFP/JANEK SKARZYNSKI

Seit der Machtübernahme der PiS 2015 haben sich die Ausgaben staatsnaher Firmen wie der Energieversorger PCNiG und Energa oder der größten Bank des Landes PKO für Inserate in der "Gazeta Polska" von 40.000 Złoty auf acht Millionen Złoty verzweihundertfacht.

Inserate verdreißigfacht

Auch das Wochenblatt "Sieci" konnte sich über eine Verdreißigfachung des Inseratenvolumens auf 30 Millionen Złoty (sieben Millionen Euro) freuen. Die Zeitung kritisierte angesichts der Angriffe auf die Pride-Parade im polnischen Białystok den Bürgermeister der ostpolnischen Stadt, weil er die Kundgebung genehmigt hatte und nahm die Angreifer in Schutz, weil diese lediglich ihre Umgebung vor einer "linken Ideologie, die Kinder demoralisiert und Familien schwächt", schützen wollten.

Weder die 50 im Bericht der Marktforschungsfirma Kantar Media genannten Firmen noch die Redaktionen der beiden Zeitungen wollten auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Reuters eine Stellungnahme abgeben. (bed, 8.8.2019)