Auch ein romantischer Flirt kann süchtig machen: Juliette Binoche in "So wie du mich willst".

Thimfilm

Juliette Binoche hat in den letzten Jahren mehrfach bewiesen, dass sie keine Furcht vor Rollen hat, in denen es um die Verunsicherung von reiferen Frauen in der Kampfzone um Attraktivität und Begehren geht. In Claire Denis’ Meine schöne innere Sonne (2017) durchläuft sie einen Reigen, in dem auf schnelle Erregung ebenso rasch Ernüchterung folgt. In Safy Nebbous So wie du mich willst (Celle que vous croyez) verhält es sich mehr wie bei einem Versteckspiel. Binoche verkörpert Claire, eine Literaturdozentin, die das Internet als Raum der Verführungskunst entdeckt, soll heißen: Sie erfindet sich beim Facebook-Chat als halb so alte Frau namens Clara Antunès neu und findet an der fiktiven Rolle so großen Gefallen, dass sie sich immer mehr darin verliert.

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Nebbous Erzählung ist in Rückblenden arrangiert, die von einer Therapiesitzung aus in die Vergangenheit führen und den Zuschauer dabei ein Stück weit in die Position des Psychiaters versetzen (im Film großartig ungerührt: Nicole Garcia). Claire bleibt eine unverlässliche Instanz in der Auskunft über sich selbst, sie kokettiert mit ihren manipulativen Fähigkeiten, changiert zwischen der Rolle der Jägerin und jener des aufgelösten Opfers; und Nebbou setzt die Online-Romanze mit dem viel jüngeren Alex (François Civil) auch mit einer übertriebenen Neigung zur erotischen Zuspitzung um. Telefonsex im Auto bildet dahingehend den lüsternen Höhepunkt.

Plausibilität spielt in So wie du mich willst, je stärker sich das Geschehen zur Amour fou entwickelt, dagegen eine immer geringere Rolle. Man gewinnt den Eindruck, der Film findet aus seinem Täuschungsspiel nur mit melodramatischen Überschlagshandlungen heraus. Das ist schon deshalb schade, weil Binoche ihre Figur mit schillernden Gemütszuständen versieht. (Dominik Kamalzadeh, 7.8.2019)