Illustration: iStock

Anfang der Woche hat ein 21-Jähriger in Wien zwei Männer mit einem Messer schwer verletzt. Er soll auf LSD gewesen sein, ganze 147 Trips wurden beim Einsatz in seiner Wohnung sichergestellt – sieben Streifenwagen des Stadtpolizeikommandos Wien-Brigittenau, drei Sektorwagen der Wega und eine Besatzung der Polizeidiensthundeeinheit rückten zur Amtshandlung an.

Der Tatverdächtige sei, so die Polizei, "hochgradig aggressiv" gewesen, sowohl er als auch die beiden Opfer seien dem Drogenmilieu zuzuordnen. Doch wie weit verbreitet ist die illegale Droge LSD, und wie aggressiv macht es?

Zwischen Tabak und Medizin

Weltweit zählt LSD, das mit vollem Namen Lysergsäurediethylamid heißt, zu den zehn weitestverbreiteten Drogen, zeigt die Global Drug Survey (GDS). 17,5 Prozent der Befragten gaben an, in den letzten zwölf Monaten LSD konsumiert zu haben. Es liegt damit im Ranking gleich nach Tabak und vor verschreibungspflichtigen Medikamenten. Allerdings richtet sich die GDS gezielt an Menschen, die Drogen probiert haben, das Ergebnis ist also nicht repräsentativ, doch ein Indikator für Trends in der Nutzung.

In Österreich steht LSD in der Nische: "Das gibt es schon lange und wird es noch lange geben, aber es wird nur ab und zu sichergestellt", sagt ein Sprecher des Bundeskriminalamts. Das Ausmaß wäre gering bis verschwindend, LSD eine "Begleiterscheinung". Daten aus dem Gesundheitsministerium zeigen: Bei Erhebungen in den Jahren 2008 und 2015 gaben zwischen ein und zwei Prozent der Befragten an, LSD einmal im Leben konsumiert zu haben, Daten aus Suchtberatungseinrichtungen decken sich damit.

Viele mutmaßen, der Beatles-Song "Lucy in the Sky with Diamonds" sei eine Ode an LSD. Tatsächlich aber soll eine Zeichnung von John Lennons Sohn die Inspiration für die Nummer gewesen sein – sie soll dessen Klassenkameradin Lucy O’Donnell zeigen.
TheBeatlesVEVO

Weiter verbreitet wäre hierzulande, so das Gesundheitsministerium, Cannabis, das etwa ein Viertel aller Österreicher zwischen 15 und 64 Jahren mindestens einmal im Leben konsumiert hat. Und: Im Jahr 2017 waren 84 Prozent von den 20.500 Menschen, die wegen illegaler Drogen behandelt wurden, wegen Opioiden in Therapie.

Weltweit ist LSD die Droge mit dem besten "Preis-Leistungs-Verhältnis": Etwa 16 Euro kostet der Trip im globalen Durchschnitt laut GDS. Ein Prozent der Konsumenten suchte nach dem Drogenkonsum medizinische Hilfe, davon aber wurden 65 Prozent ins Krankenhaus eingeliefert – ein hoher Wert, verglichen zu anderen Substanzen.

Mehrere Stunden Horrortrip

In die Geschichte der Popkultur ging jener Tag ein, an dem sein Entdecker Albert Hofmann LSD 1943 erstmals an sich selbst testete. In Aufzeichnungen ist nachzulesen, wie er auf dem Nachhauseweg auf dem Fahrrad in einen Rausch verfiel: "Jetzt begann ich allmählich, das unerhörte Farben- und Formenspiel zu genießen, kaleidoskopartig sich verändernd drangen bunte phantastische Gebilde auf mich ein", schrieb er. Er berichtet aber auch von Schwindel, Angstgefühl, Sehstörungen, Lähmungen und Lachreiz und davon, wie seine Nachbarin zur bösartigen Hexe wurde. Aus heutiger Sicht war seine Dosis um ein Vielfaches zu hoch.

1938 entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann LSD.
Foto: Novartis

Im Gegensatz zu MDMA und Speed wurde LSD nicht über die Jahre zunehmend stärker. Das sei nicht im Interesse der Konsumenten, sagt Rainer Schmid, er ist der wissenschaftliche Leiter der Drogenberatungsstelle Check it!. Die Droge ist hochpotent, schon ein Millionstel Gramm reicht für einen stundenlangen Trip.

Dennoch könne eine einzelne Dosis für manche Konsumenten zu stark sein. Dies sei zwar nicht tödlich, "aber sie haben dann einen sehr langen und extrem intensiven Trip, der nicht unbedingt positiv sein muss", sagt Schmid – je nach Dosis kann die Wirkung bis zu fünf, sechs Stunden andauern. LSD sei keine Partydroge, auch wenn es hin und wieder in Techno-Clubs konsumiert werde. Vielmehr würde es von Leuten konsumiert, die sich intensiv mit der Wirkung von Drogen auseinandersetzen. Schmid nennt sie "Psychonauten".

Dass LSD aggressiv macht, ist jedoch nicht typisch: "Halluzinogene Drogen werden eher hedonistisch konsumiert", sagt Schmid, dennoch könnten Horrortrips Panik auslösen. Ausschlaggebend für das Drogenerlebnis seien das Setting und die Psyche des Konsumenten – bewusstseinsverändernde Drogen sind mitunter Auslöser für psychotische Episoden. Schmid: "Ein Trip kann bedrohlich sein. Denn vieles, was in uns schlummert, ist bedrohlich, das wird unterdrückt. Und wenn die Kontrolle weg ist, kommt das hoch." (Gabriele Scherndl, 10.8.2019)