"The Internet is for porn." Das Lied aus dem Broadway-Musical "Avenue Q" kennt man aus zahlreichen Memes. Und es enthält einen Funken Wahrheit. Das Portal Pornhub gehört weltweit zu den am meisten besuchten Websites des Internets. Das gefällt nicht allen. Die Gruppe der sogenannten Christfluencer versucht auf Youtube und Instagram Nutzer von Pornografie abzubringen. Aber auch gegen Sex vor der Ehe, Abtreibung oder Homosexualität ziehen sie ins Feld und rufen so Kritiker auf den Plan.

Die Global Video Church ist auf Youtube aktiv.
Screenshot: red

Lifestyle-Videos

Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann hat sich für eine Sendung "Neo Magazin Royale" im Mai in die Welt der hippen Pornogegner vorgewagt. Im deutschsprachigen Raum hat sich hier vor allem Youtuberin Li Marie einen Namen gemacht. Böhmermann zeigte eines ihrer Videos – das mittlerweile gelöscht wurde – und nimmt es in gewohnter Manier aufs Korn. Darin bespricht sie mit einem Kollegen die angeblichen Gefahren von Pornografie. So wird etwa erklärt, dass Jugendliche, die Onlinepornos ansehen, im Erwachsenenalter eher pädophil würden.

NEO MAGAZIN ROYALE

Der Channel von Li Marie hat etwas mehr als 12.000 Abonnenten, ihre Videos werden meist einige Zehntausende Mal angesehen und beschäftigen sich mit Themen wie Sex vor der Ehe – der als Tabu gilt –, wie man "den Richtigen" findet, Abtreibung und allgemeine Glaubensfragen.

Auf den ersten Blick wirkt der Kanal – wie auch die anderer Christfluencer – wie ein üblicher Lifestyle-Channel. Aber das transportierte Weltbild ist erzkonservativ. Die Deutsche Li Marie gehört der sogenannten Global Video Church, kurz Givici, an. Diese Organisation basiert darauf, dass sich ihre Mitglieder in Hauskirchen Videomessen ansehen. So soll Kirche für jedermann jederzeit erlebbar gemacht werden. Man wirbt mit dem Motto: "Nie wieder langweilige Predigten."

Li Marie

Kritik

Der Schweizer Sektenexperte und Journalist Hugo Stamm warnte vor der Gruppierung. In einem Interview mit der (mittlerweile eingestellten deutschen Version der) "Huff-Post" sprach er von einer autoritären Gruppendynamik und warnte, dass die strengen und hohen Anforderungen zu psychischem Druck führten, wie "Focus" berichete. Er glaubt, dass die Gemeinschaft ihre Mitglieder in eine Abhängigkeit führen könnte. Um neue Mitglieder zu werben, würde die Gruppe bewusst auf junge, attraktive Youtuber wie Li Marie setzen.

Kritik kommt aber selbst aus christlichen Reihen. So sprach Matthias Pöhlmann von der evangelischen Landeskirche Bayern im Interview mit "Puls" vom Bayerischen Rundfunk von einem "modernen Antimodernismus", der Phänomene der Popkultur nutze, aber eine sehr konservative Botschaft verbreite. Für Axel Seegers vom katholischen Erzbistum München-Freising betreibt die deutsche Youtuberin "christlichen Populismus".

Es gibt auch Stimmen, die das Ganze harmloser sehen. Bjoern Krass, der an der Hochschule der populären Künste in Berlin Medienmanagement unterrichtet, sieht keine ernsthafte Gefahr für junge Leute. "Was die da betreiben, ist in Teilen ganz sicher fragwürdig. Vor allem ist es aber absolutes Nischenprogramm. Das sehen wir auch an den Abonnentenzahlen ganz deutlich", sagte er im Gespräch mit Deutschlandfunk. Givici betreibt auch eigene Youtube-Kanäle für Jugendliche und Erwachsene, die mit knapp über 6.500 beziehungsweise 2.300 Abonnenten aber weniger erfolgreich ist als jener von Li Marie und meilenweit hinter den Zahlen nichtreligiöser Influencer liegt. (red, 8.8.2019)