Menschenleerer Markt in Kaschmirs Hauptstadt Srinagar.

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Indische Einsatzkräfte nahe der Grenze zu Pakistan.

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Islamabad / New Delhi– Pakistanische Bollywood-Fans haben es schwer. Als Reaktion auf die Entscheidung der indischen Regierung vom Wochenanfang, dem Bundesstaat Jammu und Kaschmir seine verfassungsmäßigen Sonderrechte zu entziehen, hat die Regierung in Islamabad am Freitag indische Filme aus pakistanischen Kinos verbannt. Und auch die Ausweichroute für Cineasten zum nächsten indischen Kino ist zu: Pakistan ließ am Freitag die einzige verbliebene Zugverbindung nach Indien sperren. Kurz: Die Lage zwischen den nuklear bewaffneten Nachbarn spannte sich weiter an.

Vorangegangen waren dem turbulente Stunden am Vortag: Pakistan hatte da den indischen Hochkommissar Moin-ul-Haq des Landes verwiesen und die diplomatischen Beziehungen zu Delhi herabgestuft. Der Posten des Hochkommissars entspricht unter Mitgliedern des Commonwealth jenem eines Botschafters. Außerdem ließ Islamabad den bilateralen Handel einstellen.

Mehrfach Kriege

Hintergrund der Konfrontation ist der lange Streit um die Region Kaschmir. Sowohl Indien, Pakistan als auch China kon trollieren Teile des Gebietes, Pakistan und Indien beanspruchen je das gesamte Territorium für sich. Mehrfach wurden schon Kriege zwischen den beiden nunmehrigen Nuklearmächten geführt.

Der indische Staat Jammu und Kaschmir, der mehrheitlich von Muslimen bewohnt ist, hatte bisher viele Sonderrechte unter Art. 370 der indischen Verfassung – alles, was nicht Außen-, Sicherheits- und Kommunikationspolitik betraf, wurde in den nach Jahreszeiten wechselnden Hauptstädten Srinagar (Sommer) und Jammu (Winter) entschieden. Auch die Entscheidung, wer sich in dem Gebiet ansiedeln darf. Vor allem das, so behauptet Delhi, werde missbraucht: Hindus würden dabei massiv diskriminiert.

Handel aus, Diplomaten weg

Das soll nun nach dem Willen der hindunationalistischen Regierung von Premier Narendra Modi nicht mehr so sein. Dass die Entscheidung, mit der sie nach eigener Lesart die "Einheit Indiens" sicherstellen will, für Proteste sorgen würde, war ihr bewusst. Sie lässt seit Anfang der Woche das Gebiet abriegeln und Polizei und Militär aufmarschieren. Auch wurden Politiker inhaftiert, insgesamt beläuft sich die Zahl der Festgenommenen mittlerweile auf mehr als 550 menschen. Politische Versammlungen wurden verboten und der Internetzugang im ganzen Bundesstaat massiv eingeschränkt. Die Uno protestierte scharf. Die Menschenrechtssituation sei massiv verschlechtert.

Premier Modi äußerte sich am Abend in einer Ansprache. Er sagte, er "gratuliere der Nation" zur Entscheidung seiner Regierung. Die Diskriminierung von "Brüdern und Schwestern" in Kaschmir habe ein Ende. Der Artikel 370 sei nie im Sinne der Menschen gewesen; sein Kabinett sei froh, dass er beendet sei.

Sein pakistanischer Kollege Imran Khan hatte am Vortag vor Krieg gewarnt. Dieser wäre "katastrophal" und hätte "keine Gewinner". Pakistan schloss Donnerstag aus, von sich aus eine militärische Konfrontation zu beginnen. Islamabad will allerdings den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anrufen. (Manuel Escher, 8.8.2019)