Die Wirkung von Koffein auf das Nervensystem ist weithin bekannt – und beliebt. Der anregende Effekt macht das Alkaloid zur verbreitetsten psychoaktiven Substanz der Welt. Koffein bringt aber nicht nur Menschen in die Gänge. Auch Honigbienen werden aktiver, wenn sie den Wirkstoff konsumieren: Sie trinken mehr Nektar, ihre Lernleistung wird besser, Blüten werden häufiger aufgesucht und andere Bienen werden zur aufputschenden Futterquelle geschickt.

Flott unterwegs: Eine Honigbiene bei der Arbeit.
Foto: APA/AFP/THOMAS KIENZLE

Das kann auch negative Folgen für die Kolonie haben. Denn manche Pflanzen nutzen Koffein, um Insekten anzuziehen und dadurch ihre Bestäubung zu fördern, während sie aber möglichst wenig Energie in Nektar und Pollen investieren. Dann schicken Honigbienen, die Koffein gefunden haben, ihre Artgenossinnen zu einer Futterquelle führen, die im Vergleich zu anderen Pflanzen weit weniger Zucker liefert – also von schlechterer Qualität ist.

Brasilianische Kaffeebestäuber

Ein internationales Forscherteam hat nun untersucht, wie sich das bei stachellosen Bienen verhält. Solche Insekten ohne Stachel zur Verteidigung kommen vorwiegend in den Tropen und Subtropen vor, in Mittel- und Südamerika gibt es mehr als 400 unterschiedliche Arten. Wie die bei uns verbreitete Honigbiene sind sie aber ebenfalls hochsozial, leben in Bienenstöcken und sammeln Honig. Für ihre Studie im "Journal of Experimental Biology" untersuchten die Wissenschafter die Art Plebeia droryana ausgewählt, eine kleine Biene von der Größe einer Gartenameise, die im Süden Brasiliens heimisch ist.

Eine stachellose Biene der Art Plebeia droryana in Brasilien.
Foto: Christoph Grüter

Diese Art ist ein typischer Bestäuber von Kaffee. "Kaffeepflanzen können zwar auch ohne Bestäubung Samen ausbilden, die Bestäubung erhöht allerdings den Ertrag", sagte Tianfei Peng von der Universität Mainz, Erstautor der Studie. "Weil Kaffeebüsche Pollen und Nektar produzieren, werden sie von den Bienen recht gerne aufgesucht."

Keine Koffeinjunkies

Zunächst trainierten die Biologen die stachellosen Bienen auf einer ehemaligen Kaffeeplantage in der Nähe von São Paulo darauf, Zuckerlösung aus einem Futterspender zu holen. Dann wurde den Insekten eine Zuckerlösung mit und ohne Koffein angeboten, wobei die Konzentration der Stimulanz dem natürlichen Koffeingehalt von brasilianischen Kaffeepflanzen entsprach. Ein Teil der nur drei Millimeter langen Insekten wurde mit Farbe markiert, um sie wiederzuerkennen und ihr Verhalten zu verfolgen.

Einige Probanden der aktuellen Studie.
Foto: Christoph Grüter

Das Resultat: "Wir konnten bei keiner Messung einen Effekt von Koffein feststellen", sagte Studienleiter Christoph Grüter (Uni Mainz). "Die Bienen kamen gleichermaßen zu den Futterspendern, auch wenn sie kein Koffein vorfanden." Weshalb sich stachellose Bienen von Koffein nicht verführen lassen, liegt womöglich an der Anpassung: P. droryana könnte im Laufe der Zeit eine Toleranz gegenüber Koffein entwickelt haben. Immerhin wird in Brasilien seit fast 300 Jahren Kaffee kultiviert. Es wäre aber auch denkbar, dass physiologische Eigenheiten dafür verantwortlich sind. (red, 11.8.2019)