Plastik wie Sand am Meer: Der Müll im Meerwasser kommt auch von weit her, zum Beispiel über Flüsse – damit müssen aber vor allen die Anrainerstaaten am Meer leben.

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Algen bedecken den Strand bei Cancún.

Foto: Daniel Sanchez/Sargazo.net
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Es ist ein Bild, das man nicht mehr so leicht vergisst: An der Playa Pescadores im mexikanischen Tulum bedeckt eine breite braune Schicht aus Sargassum-Algen den vormals strahlend weißen Sandstrand. Wo früher leuchtend türkises und durchsichtiges Wasser war, wabert es nun dunkel und fast bräunlich vor sich hin. Die karibische Bilderbuchidylle – es gibt sie nicht mehr.

Die Algenplage in Mexiko und anderen Urlaubsregionen ist eine Folge des Klimawandels. Denn die steigenden Temperaturen erwärmen das Meerwasser, der Nährstoffgehalt steigt, Algen vermehren sich explosionsartig. Dass es in nicht allzu ferner Zukunft so kommen wird, haben Klimaforscher und Meeresbiologen vor Jahrzehnten vorausgesagt. Nun sind die Algen da und für alle sichtbar. Am wenigsten vielleicht für die zahlungskräftigen Touristen in den teuren Hotels – für sie fischen Putztrupps die Algen täglich von den Stränden der Ressorts und erschaffen die Illusion einer intakten Natur. Man jettet ja nicht um die halbe Welt, um am Strand in Algen zu waten. Die braune Wassersuppe können aber auch die Reinigungstrupps nicht auflösen.

Algen und braun gefärbtes Wasser in Playa del Carmen an der mexikanischen Karibikküste.
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Eine Lkw-Ladung pro Minute

Sprung nach Italien. Vor einigen Wochen wurde ein toter Wal an einen Strand im Norden Sardiniens geschwemmt. In seinem Magen fanden sich 22 Kilogramm Müll – darunter Besteck und Teller aus Plastik, Einkaufssackerln, Wattestäbchen und sogar eine leere Waschmittelpackung. Plastikberge am Strand – auch anderswo ein häufiges Bild, das so gar nicht in die schicke Instagram-Galerie vom Urlaub passen will. Doch die Algenplage und die Vermüllung der Strände und Meere sind nur die sichtbarsten Folgen des Klimawandels und der Wegwerfgesellschaft für das marine Ökosystem. Jedes Jahr landen etwa zehn Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren, das entspricht einer Lkw-Ladung Plastik pro Minute, wie die Umweltschutzorganisation WWF vorrechnet.

Das Problem ist längst auch europäisch: Obwohl das Mittelmeer nur ein Prozent der weltweiten Gewässer ausmacht, schwimmen darin sieben Prozent des globalen Mikroplastiks. Den Anrainerstaaten all das anzulasten greift zu kurz – eine Untersuchung von 2014 ergab, dass etwa die Donau täglich 4,2 Tonnen Plastikmüll ins Schwarze Meer spült. Im Mittelmeer kommt das meiste Plastik im Meer gar vom küstennahen Tourismus.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auf der Isla Mujeres ...
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Plastik wie Sand am Meer

Und doch bleibt der Hauptgrund für die Verschmutzung der Meere und Ozeane insgesamt der Müll, der in den Küstenregionen unsachgemäß oder gar nicht entsorgt wird. Politische Gegenmaßnahmen müssten also hier ansetzen – zunächst bei der Müllvermeidung, dann bei Entsorgung und beim Recycling. Zwischenzeitlich setzt man regional auf die Entfernung des vorhandenen Mülls und auf Algenbeseitigung. Diese Maßnahmen haben bisher eher homöopathische Effekte – aber es gibt sie. So versuchen Freiwillige etwa in Mexiko, die öffentlichen Strandbereiche von den stinkenden Algen zu säubern; sie schlagen aufgrund der schieren Algenmenge aber nur kleine Schneisen in den Sand.

Was bringen Gegenmaßnahmen?

Mehrere aktuelle Initiativen haben es sich zum Ziel gesetzt, Plastikmüll aus dem Meer zu fischen. Und zwar bevor er zu gefährlichem Mikroplastik zerfällt, das sich im Grund- und Trinkwasser anreichern kann: Im Rahmen des Projekts Healthy Seas etwa fischen freiwillige Taucher herumtreibende Fischernetze aus dem Wasser – das Nylon wird weiterverarbeitet. Nach Angaben der Initiatoren funktioniert das gut, die herausgefischten Mengen sind aber überschaubar.

... bei Tulum ...
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Viel hoffnungsvolle Medienresonanz erzeugte das Projekt Pacific Garbage Screening, das auf Plänen einer Architekturstudentin aus Aachen basiert. Eine schwimmende, 400 mal 400 Meter große Plattform pflügt das Meer und soll auch kleinere Teilchen aus der Tiefe filtern. Das Projekt, das auf Spenden basiert, befindet sich in der Frühphase, man zeigt sich aber hochmotiviert – wie viel damit erreicht werden kann, ist bisher offen. Derweil konzentriert man sich laut den Betreibern auf Forschung und Entwicklung. Meist auf Eigeninitiative Einzelner finden Müllsammelaktionen an zahlreichen Stränden statt. Die Resonanz ist gut, die Zahl der Müllsammler steigt. Doch der beste Müll bleibt der, der gar nicht erst anfällt. (Lisa Mayr, Olivera Stajić, 12.8.2019)

... und am Strand bei Cancún.
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