Sie sind Anhänger einer globalen Bewegung und fordern von der Politik nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Sie argumentieren sachlich und treten friedlich auf, ihr Ungehorsam äußert sich bislang einzig im Schulschwänzen. Was genau haben die Demonstrierenden, die unter dem Motto Fridays for Future (FfF) auf die Straße gehen, eigentlich sonst noch gemeinsam? Woran glauben sie, in was setzen sie ihre Hoffnung?

Ein Team von Sozialforschern verschiedener europäischer Universitäten hat dazu erstmals Daten erhoben, die nun veröffentlicht wurden. Beim ersten städteübergreifenden Protesttag der Bewegung, der am 15. März stattfand und 1,7 Millionen Menschen weltweit mobilisierte, wurden Demonstrierende in 13 europäischen Städten befragt. Seit der Erhebung gab es neben den wöchentlichen Demos weitere große Aktionstage, an denen teilweise noch mehr Menschen teilgenommen haben.

Eine neue Protestgeneration

Die Ergebnisse der Studie bestätigen bereits Vermutetes und zeigen teilweise Überraschendes. So handelt es sich bei den Protestierenden, vor allem in Hinblick auf ihr Alter und ihre Motive, um eine relativ heterogene Gruppe: Es variiert zwischen den Altersgruppen und in den unterschiedlichen Ländern etwa der Grad an Hoffnung in die Politik stark. Fest steht: Keine andere Bewegung konnte je so viele junge (befragt wurde ab 14 Jahren), bis dahin nicht politisch aktive Menschen auf einmal in Bewegung setzen. Für Medien und Wissenschaft Grund genug, um von einer neuen Protestgeneration zu sprechen.

Frauen for Future

Man kennt das von den Grünwählern: Insgesamt sind deutlich mehr als die Hälfte der 1905 Demonstrierenden bei Fridays for Future weiblich. In manchen Städten betrug der Frauenanteil sogar bis zu 70 Prozent. Das liege auch daran, dass Greta Thunberg als Initiatorin der Bewegung vor allem für junge Frauen eine Vorbildwirkung hat, vermutet der Projektleiter der Studie, Piotr Kocyba. Für die unmittelbare Mobilisierung seien aber andere Faktoren entscheidender: Viele der Befragten geben an, dass sie vor allem durch ihre Mitschüler und Mitschülerinnen motiviert wurden, zu den Protesten zu gehen, und selbst Freunde dazu ermunterten.

Aus freien Stücken aktiv

Die Studie zeigt also, dass die Demonstrierenden also nicht, wie einige kritische Stimmen suggerierten, von Erwachsenen wie Eltern, Lehrpersonal oder Umwelt-NGOs instrumentalisiert wurden. Die über 19-Jährigen Studierenden und Erwachsenen schlossen sich aber aus Solidarität den Jungen an. Das Verhältnis von Schülern und Erwachsenen ist folglich überraschend ausgeglichen: Klarerweise ist die Altersgruppe zwischen 14 und 19 Jahre besonders stark vertreten, sind Schulstreiks ja der Ursprung der Demos. Aber in Wien lag das mittlere Alter bei 24 Jahren. Social Media stellte mit Abstand den wichtigsten Informationskanal für alle Protestierenden dar.

Keine reine Jugendbewegung: Bei Fridays for Future nehmen Demonstrierende aller Altersgruppen teil.
Foto: APA

Jung und unpolitisch?

Die Teilnahme an den Protesten bot für einen Großteil der in der Studie befragten Schülerinnen und Schüler die erste Möglichkeit, sich politisch zu engagieren. Sie waren davor kaum im herkömmlichen Sinne politisch aktiv, was aber nicht heißt, dass sie desinteressiert waren – viele durften einfach noch nicht wählen. 38 Prozent waren am 15. März überhaupt zum ersten Mal auf einer Demo, worin das unglaubliche Potenzial der Bewegung, junge Menschen zu Aktivismus zu motivieren, deutlich wird.

Druck auf die Politik – aber nicht nur

Die Forderung von FfF ist klar: Der Protest richtet sich weniger an ältere Generationen per se, wie bei vielen anderen Jugendbewegungen, sondern explizit an politische Entscheidungsträger. Sie sollen die selbst gesteckten Klimaziele von Paris umsetzen und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad beschränken. Doch das Vertrauen in Regierungen und Unternehmen, die Klimakrise noch einzudämmen, ist vor allem unter den Jungen, durchwegs äußerst gering.

Viele glauben aber nicht daran, dass die Politik das Ruder noch herumreißen wird und übernehmen daher selbst Verantwortung. Sie ändern ihren Lebensstil, ihre Ernährung, ihren Konsum und ihr Mobilitätsverhalten freiwillig, weil sie all das als sehr wichtig erachten. In Deutschland verzichteten immerhin 40 Prozent schon auf eine Flugreise, 64 Prozent der österreichischen Schüler gaben an, ihre Ernährung aus politischen und eth ischen Überzeugungen umgestellt zu haben.

Generell sind die jungen Protestierenden bezüglich der Klimakrise zwar besorgt, ängstlich und wütend, aber nicht völlig hoffnungslos. (Pia Gärtner, 11.8.2019)

Studie: Protest for a future

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