Foto: Infineon Technologies Austria

Von Quantencomputern wird erwartet, dass sie in den kommenden Jahren die Leistung konventioneller Rechner überflügeln. Bisher existieren aber zumeist nur experimentelle Aufbauten der Zukunftstechnologie – beispielsweise in Innsbruck: Wissenschafter um den Experimentalphysiker Rainer Blatt am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck sowie am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) haben mit einem Quantencomputer mit 20 Quantenbits einen Weltrekord aufgestellt. In ihrer physikalischen Umsetzung sind das Ionen, die eingebettet in speziellen "Fallen" manipulierbare Zustände annehmen können.

Längst machen sich Entwickler auch Gedanken über einen kommerziellen Einsatz. Beispielsweise arbeiten zu diesem Zweck im EU-Projekt Piedmons (Portable Ion Entangling Devices for Mobile-Oriented Next-Generation Semiconductor-Technologies) Wissenschafter der Uni Innsbruck und der ETH Zürich mit dem österreichischen Chiphersteller Infineon und dem italienischen Unternehmen Interactive Fully Electrical Vehicles zusammen. Konventionelle Halbleiterfertigungstechnologie soll dabei bestmöglich eingesetzt werden, um Ionenfallen auf Quantenchips umzusetzen.

Die 26-jährige Regensburgerin Silke Auchter studiert an der Uni Innsbruck Physik und arbeitet beim Piedmons-Projektleiter Infineon in Villach im Rahmen des Projekts an ihrer Doktorarbeit. "Die Ionen, die als Quantenbits verwendet werden sollen, werden in den Fallen durch elektromagnetische Felder festgehalten, die von kleinsten Elektroden am Chip erzeugt werden", erklärt die Experimentalphysikerin. "Wir verwenden Kalziumatome, die in die Fallen 'eingedampft' werden, wo sie dann ionisiert werden können." Für die Operationen, die mittels der Quantenbits ausgeführt werden, müssen die Entwickler das Ion im Rahmen eines Zwei-Niveau-Systems in verschiedene energetische Zustände versetzen können.

Das Ziel ist, die Ionen in ihren Fallen stabil zu halten, was bisher vor allem durch sehr tiefe Temperaturen gut gelang. Gerade in den Mikrostrukturen eines Computerchips und bei Raumtemperatur gibt es aber noch Probleme. "Wir wollen durch eine spezielle Geometrie der Elektroden ein höheres Einschlusspotenzial erreichen, um die Ionen am Platz zu halten", betont die Physikerin. Zuerst sollen die Chips, die Auchter und Kollegen entwickeln, lediglich die Ionenfallen enthalten. In Zukunft sollen dann auch die die Quantenbits umgebende Elektronik und Optik mit integriert werden.

Bereits im Bachelorstudium der Physik in Regensburg hat sich Auchter mit Halbleitertechnik beschäftigt, bevor sie sich an der Uni Innsbruck nach einem Fokus auf der Photonik den Ionenfallen zuwandte. Der Wechsel in die Alpenrepublik geschah "zu 50 Prozent wegen der Quantenphysik, die hier gemacht wird, und zu 50 Prozent wegen der Berge", blickt die Wissenschafterin zurück. Folgerichtig stehen in der Freizeit Wandern, Skifahren und Snowboarden auf dem Plan. War der deutsch-österreichische Culture-Clash ein Problem? Auchter: "Nein, wenn man aus Bayern kommt, ist er nicht so schlimm." (pum, 11.8.2019)