Beißen Katzen ins Gras, um danach zu kotzen?
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Katzen sind zwar die Lieblingshaustiere des Menschen. Dennoch bleiben uns Zweibeinern viele Verhaltensweisen der Vierbeiner bis heute einigermaßen rätselhaft. Dazu gehört das Fressen von Gras, das in einigen Fällen dazu führt, dass die Katzen kotzen. Wer im Internet Antworten auf die Frage sucht, warum sich die Fleischfresser die eher unbekömmliche vegane Zwischenmahlzeit antun, wird hundertfach fündig. Größter gemeinsamer Nenner: Es muss irgendwas mit der Verdauung zu tun haben. Aber was?

Um der Frage systematisch anzugehen und die Weisheit der Menge zu nützen, haben Forscher um Benjamin Hart (University of California in Davis) über das Internet mehr als 1.000 Katzenbesitzer befragt, die ihre Vierbeiner mindestens drei Stunden täglich beobachteten oder Zeit mit ihnen verbrachten. Dabei zeigte sich, dass der Konsum von Gras bei Katzen recht häufig vorkommt: 71 Prozent der Tiere wurden in ihrem Leben mindestens sechsmal auf frischer Tat ertappt, während nur elf Prozent der Katzen nie dabei beobachtet wurden.

Erbrechen als Erklärung?

Eine der gängigen Erklärungen lautet, dass Katzen ins Gras beißen, wenn sie sich krank fühlen, um dann zu Erbrechen und so womöglich giftiges Futter loszuwerden. Doch diese Erklärung scheint durch die Empirie widerlegt: Nur etwa ein Viertel der Grasfresser wurde danach tatsächlich beim Erbrechen beobachtet. Und 91 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Katze keine Krankheitssymptome zeigte, bevor sie sich an den Graskonsum machte.

Die Schlussfolgerung der Forscher, die ihre Erkenntnisse diese Woche bei der 53. Tagung der Internationalen Gesellschaft für angewandte Ethologie in Bergen/Norwegen vorstellten: Erbrechen dürfte nur eine gelegentliche Nebenfolge des Grasfressens sein und nicht dessen eigentliches Ziel.

Ein evolutionäres Überbleibsel?

Hart und seine beiden Kolleginnen Lynette Hart und Abigail Thigpen argumentieren auf Basis vergleichender Untersuchungen von Schimpansen und anderen in freier Wildbahn lebenden Tieren, dass der Konsum von Gras helfe, Darmparasiten zu vertreiben, indem es die Muskelaktivität im Verdauungstrakt erhöht. Da freilich heutige Hauskatzen diese Darmparasiten nicht mehr besitzen, sei der Verzehr des Grünzeugs quasi eine Art evolutionäres Überbleibsel. (Dass Gras womöglich auch das Herauswürgen von Haarballen befördern könnte, haben die Forscher freilich nicht eigens untersucht.)

Der praktische Tipp des Forschertrios für Katzenbesitzer: Man stelle Katzengras bereit, an dem die Stubentiger kauen können, was den Tieren hilft, das angeborene Verhalten auszuleben, ohne sich im Freien an giftigem Grünzeug zu vergiften. Wenn sie trotzdem kotzt, kann man sich damit trösten, dass es die Katze unabsichtlich tat.

16 Katzen drehen Katzenvideos

Was aber machen Katzen sonst so, wenn sie die Wohnung verlassen dürfen? Das hat die Verhaltensforscherin Maren Huck (University von Derby) gemeinsam mit ihrer Kollegin Samantha Watson (Manchester Metropolitan University) erforscht, indem sie in den vergangenen vier Jahren 16 Katzen mit kleinen Kameras ausstatteten und danach das Filmmaterial auswerteten.

Die vielleicht größte Überraschungen, über die das Forscherinnenduo im Fachblatt "Applied Animal Behaviour Science" berichteten: Erstens sind die Hauskatzen im Freien so ganz und gar nicht träge, wie sie sich oft in der Wohnung zeigen, sondern höchst aufmerksam. Und zweitens scheinen die Katzen relativ wenig territorial zu sein und bei ihren Exkursionen durchaus den Kontakt mit anderen Katzen zu suchen, ohne gleich mit ihnen zu kämpfen, aber sehen Sie am besten selbst:

Science Magazine

Ein kleines Detail am Rande bzw. in den Danksagungen der Studie, das wohl nur bei Untersuchungen über Katzen vorkommt: Die beiden Forscherinnen bedankten sich explizit bei ihren 16 Untersuchungsobjekten – "denn sie hätten ja nicht mitmachen müssen", wie Maren Huck in einem Interview für "Science" erklärte. (tasch, 10.8.2019)