Wenn Nervenzellen miteinander kommunizieren, nutzen sie Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter. Glutamat, eine der wichtigsten dieser Substanzen, aktiviert Nervenzellen. Dafür wird es in den Bereich zwischen zwei Nervenzellen, den synaptischen Spalt, abgegeben, wo es wirken kann. Anschließend müssen die Glutamat-Moleküle von dort wieder schnell entfernt werden, um die Wirkung zu beenden.

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München – Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben erstmals den zellulären Auslöser eines Vorgangs entschlüsselt, der in einem sehr frühen Stadium von Alzheimer auftritt – lange bevor die Erkrankten Beschwerden haben. Das könnte zu ganz neuen Therapieansätzen führen.

In Gehirnen von Alzheimer-Patienten, die bereits Krankheitssymptome zeigen, finden sich große Verklumpungen des Proteins beta-Amyloid, die sogenannten Plaques. Viele therapeutische Ansätze setzen darauf, diese Verklumpungen zu entfernen. Bisher aber ohne weitreichenden Erfolg.

"Entscheidend ist, dass wir die Krankheit viel früher erkennen und behandeln. Unser Ansatzpunkt waren deshalb die überaktiven Nervenzellen, die schon sehr früh auftreten – lange bevor die Patientin oder der Patient Gedächtnisausfälle hat", erklärt Studienleiter Arthur Konnerth von der TUM.

Toxische Wirkung

In einem frühen Stadium von Alzheimer treten in bestimmten Hirnbereichen überaktive Nervenzellen auf. Grund ist der Hirnbotenstoff Glutamat, der nicht schnell genug abtransportiert wird und die Zellen überreizt. Der Stoff verharrt zu lange im synaptischen Spalt zwischen den Zellen, weil Beta-Amyloid-Moleküle die Nervenzellmembranen für den Transport von Glutamat blockieren.

Beta-Amyloid ist auch der Stoff, aus dem die Plaques sind, die verklumpten Ablagerungen im Hirn, welche die Alzheimer-Symptome verursachen. Die Wissenschafter der TUM konnten nun erstmals zeigen, dass der Abtransport von Glutamat nicht erst durch Plaques verhindert wird, sondern schon durch eine frühe, lösliche Form des Beta-Amyloid, den Dimeren aus zwei Molekülen.

"Unsere Daten liefern einen klaren Beweis für eine direkte toxische Wirkung einer bestimmten beta-Amyloid-Form, den Dimeren. Wir waren sogar in der Lage diesen Mechanismus zu erklären", sagt Benedikt Zott, Erstautor der Studie. Dieses Wissen wollen die Forscher nun nutzen, um das Verständnis der zellulären Ursachen der Entstehung von Alzheimer weiter zu verbessern und mit diesem Wissen Therapiestrategien zu entwickeln, die früh im Krankheitsverlauf ansetzen. (red, APA, 10.8.2019)