Die Ocean Viking nahm in weniger als 24 Stunden rund 170 Migrantinnen und Migranten aus zwei Schlauchbooten an Bord.

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Im Mittelmeer ist mit dem Einsatz eines neuen Schiffes die Zahl der geretteten Bootsflüchtlinge wieder deutlich gestiegen. Die von den Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen seit dieser Woche eingesetzte Ocean Viking nahm nun bei einem dritten Rettungseinsatz in drei Tagen 81 Menschen von einem seeuntauglichen Schlauchboot auf, twitterte Ärzte ohne Grenzen am Sonntag. Nun befänden sich insgesamt 251 Gerettete an Bord der Ocean Viking.

Am Freitag und Samstag hatte die Ocean Viking in zwei Einsätzen während ihrer ersten Fahrt im zentralen Mittelmeer 170 Menschen in Sicherheit gebracht. Zunächst war unklar, ob das Schiff weiter in der Rettungszone vor Libyen bleiben wird oder sich auf den Weg nach Europa macht.

Ein zweites Schiff, die seit gut einer Woche ausharrende Open Arms einer spanischen Hilfsorganisation nahm vor Malta weitere 39 Menschen auf. Unklar ist, wohin beide Schiffe die Menschen bringen werden. Denn die beiden nächstgelegenen europäischen Länder – Italien und Malta – haben ihre Häfen für Flüchtlingsschiffe weitgehend dicht gemacht.

Probleme an Bord

Der Chef der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, teilte am Samstagmorgen mit, Malta wolle nur die 39 zuletzt Geretteten an Land lassen – die übrigen aber nicht. "Das hat zu einem ernsthaften Sicherheitsproblem an Bord geführt. Das Ausmaß der Beklemmung dieser Menschen ist unhaltbar", twitterte er.

Die Regierung Malta teilte mit, dass sich das kleinste EU-Land für die übrigen 121 nicht zuständig fühle. Sie schrieb außerdem, dass die maltesischen Streitkräfte die Rettung der 39 ohnehin schon vorbereitet hätten, als die Open Arms sie an Bord nahm.

Kritik von Schauspieler Richard Gere

Bei einer Pressekonferenz der spanischen NGO auf der italienischen Insel Lampedusa kritisierte US-Schauspieler Richard Gere die harte Haltung Italiens gegenüber den Schutzsuchenden. "Ich liebe die Italiener sehr, eure Großzügigkeit und eure Lebensfreude. Und doch habe ich festgestellt, dass sich da etwas geändert hat", sagte Gere, der zuvor auf der Open Arms gewesen war, laut Nachrichtenagentur Ansa. Italiens Innenminister Matteo Salvini konterte: "Du kannst alle Migranten mit nach Amerika nehmen in deinen Privatflugzeugen, um sie in deinen Villen zu versorgen. Danke."

Italien und Malta verweigern Rettungsschiffen immer wieder die Einfahrt in ihre Häfen und dringen darauf, dass andere EU-Staaten im Vorfeld zusichern, alle anlandenden Migranten zu übernehmen. SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen waren am vergangenen Sonntagabend zum ersten Einsatz mit der unter norwegischer Flagge fahrenden Ocean Viking von Marseille aus in See gestochen. Am Freitag retteten sie 85 Migranten vor der libyschen Küste und am Samstag noch einmal mehr als 80 im zentralen Mittelmeer.

"Neapel hat keine Angst"

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in diesem Jahr bisher 41.182 Migranten auf dem Seeweg nach Europa gelangt, weit weniger als in den drei vergangenen Jahren. Mindestens 843 kamen in diesem Jahr bisher ums Leben, im Gesamtjahr 2018 waren es 2.299, im Jahr 2017 waren es 3.139.

Die Stadt Neapel richtete am Samstag Proactiva Open Arms aus, sie würde die Geretteten gerne aufnehmen. "Es ist ein weiter Weg ... aber denkt immer daran, dass der Hafen von Neapel offen ist. Die Stadt Neapel hat keine Angst vor 160 Personen", teilte Italiens drittgrößte Stadt am Samstag mit. Angesichts der harten Haltung der Regierung in Rom hat dies aber nur symbolischen Charakter. (APA, 10.8.2019)