Bei einer Kniegelenksarthrose können Ärzte das Skalpell getrost weglegen.

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Placebos entfalten ihre Wirkung über zwei Wege: Durch eine konditionierte Lernerfahrung oder durch die Erwartung eines heilenden Effekts. Die Macht der Erwartungshaltung wirkt aber auch in die negative Richtung. Forscher konnten zeigen, dass Patienten, denen über Punktion Gewebe entnommen wurde, den Eingriff als schmerzhafter wahrnehmen, wenn der Arzt ihn mit Wörtern wie "stechen" und "brennen" oder mit dem Satz "Es wird jetzt wehtun" ankündigt.

Geht der Patient davon aus, dass die medizinische Maßnahme hilft, wirken sogar Scheinoperationen. Das konnte der US-Orthopäde Bruce Moseley vom Baylor College of Medicine in Houston an 180 Patienten mit Kniegelenksarthrose nachweisen.

In einer randomisiert-kontrollierten Studie teilte er die Probanden in drei Gruppen ein. Eine Gruppe bekam das Kniegelenk arthroskopisch gespült und geglättet, die zweite nur gespült, die dritte bekam eine Schein-OP. Dazu ritzte Moseley die Haut links und rechts der Kniescheibe ein, wo üblicherweise Endoskop und Schlauch eingeführt werden.

Kein Unterschied feststellbar

Im OP-Saal hantierte er mit einer Kochsalzlösung, um so eine Spülung vorzutäuschen, die Geräusche kamen vom Tonband. Zudem blieben die scheinoperierten Patienten so lange im Spital, wie das auch für den tatsächlichen Eingriff notwendig gewesen wäre.

Alle Probanden erhielten postoperativ die gleiche Behandlung, auch eine physikalische Therapie zur Mobilisation wurde durchgeführt. Über einen Zeitraum von zwei Jahren gab es mehrere Nachuntersuchungen. Das Ergebnis: Zu keinem Zeitpunkt ließ sich ein Unterschied zwischen der Placebo-Operation und dem echten chirurgischen Eingriff feststellen.

Die Studie führte dazu, dass die häufig durchgeführte Operation, auch "Gelenkstoilette" genannt, intensiv diskutiert und hinterfragt wurde. In Deutschland ist sie nicht mehr im gesetzlichen Leistungskatalog der Kassen enthalten. (Günther Brandstetter, CURE, 28.8.2019)