Die Fundstätten in den Ediacara Hills in Südaustralien gehören heute zum australischen Nationalerbe – und haben in der Paläontologie Weltrang.
Foto: Scott Evans / UCR

1947 wurden in Südaustralien erstmals Fossilien eines Lebenwesens ausgegraben, das Forscher vor ein großes Rätsel stellte. Der urzeitliche Organismus sah aus wie ein geripptes Blatt oder auch ein Tablett. Ob das auf den Namen Dickinsonia getaufte Wesen tierischen oder pflanzlichen Ursprungs war, ließ sich nicht sagen.

Immer weitere Dickinsonia-Funde wurden gemacht, manche Exemplare waren über einen Meter groß: gewaltig also dafür, dass sie vor etwa 550 Millionen Jahren gelebt haben müssen. Funde anderer, ebenso rätselhafter Organismen in den Ediacara Hills führten schließlich dazu, dass man nach ihnen ein neues Erdzeitalter benannte: das Ediacarium, das noch vor dem Kambrium lag, in dem die heute existierenden Tierstämme ihren rasanten Aufschwung erlebten.

Ein typisches Dickinsonia-Exemplar.
Foto: Scott Evans / UCR

Doch immer noch blieb die Frage offen, was das für Wesen waren, die das Ediacarium bevölkerten – ob Tiere, Pflanzen, Pilze oder gar die Angehörigen eines gleichrangigen Reichs des Lebens, das es heute nicht mehr gibt. In jüngerer Vergangenheit haben sich aber die Anzeichen dafür gemehrt, dass viele dieser Wesen Tiere waren. So wurden zum Beispiel in Dickinsonia-Fossilien Reste von Cholesterin-Molekülen entdeckt, was ein klarer Hinweis auf eine Zugehörigkeit zum Tierreich wäre.

Eine unter Tieren zwar nicht allgegenwärtige, aber doch weitverbreitete Fähigkeit ist die zur aktiven Fortbewegung. Und die schreiben Forscher der University of California nun auch Dickinsonia zu. Das Team um Scott Evans ist sich sicher, belegen zu können, dass Dickinsonia die ältesten nachweisbaren Anzeichen für eine selbstständige Fortbewegung zeigt.

Verräterische Verteilung

Dafür war Evans zusammen mit einem Kollegen vom South Australian Museum selbst im Outback unterwegs, um Fossilien auszugraben – an die 200 Exemplare von Dickinsonia konnten die beiden freilegen. Und aus der Verteilung dieser wie auch anderswo ausgegrabener Dickinsonia-Gruppen glauben sie herauslesen zu können, dass diese frühen Tiere zielstrebig unterwegs waren.

Hätten sie sich mit Strömungen treiben lassen, wären sie entsprechend gleichförmig gruppiert. Stattdessen wiesen die ausgegrabenen Dickinsonia-Gruppen aber eine Zufallsverteilung auf. Diese könne nur dadurch zustande gekommen sein, dass sich jedes Exemplar aktiv dorthin bewegte, wo es hinwollte – vermutlich in Richtung Futter.

Die Forscher vermuten, dass sich Dickinsonia durch rhythmische Kontraktionen jener Körpersegmente bewegte, die als charakteristische Rippenstruktur in seinen Abdrücken erhalten geblieben ist. Das seltsame Wesen könnte damit ein wahrer Pionier in der Geschichte des Lebens gewesen sein. (red, 16. 8. 2019)