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Experten sind sich sicher, der Einsturz der Brücke sei vorhersehbar gewesen.

Foto: ap

Bei einer Gedenkveranstaltung in Anwesenheit des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella hat die Stadt Genua am Mittwoch der 43 Opfer des Einsturzes der Morandi-Brücke vor einem Jahr gedacht.

Am 14. August 2018 stürzten zahlreiche Fahrzeuge und ihre Insassen in die Tiefe. Noch immer ist nicht aufgeklärt, was genau die Tragödie verursachte. Ein Jahr später versammelten sich heute tausende Menschen am Unglücksort. Zu Beginn der Zeremonie wurden die Namen und die Herkunft der Toten verlesen. Viele Anwesenden hatten Tränen in den Augen. Die Fahnen wurden als Zeichen der Trauer auf halbmast gesetzt. Die Glocken der Kirchen läuteten, im Hafen ertönte eine Sirene.

An der in einem Hangar stattfindenden Zeremonie unweit des Unglücksorts beteiligten sich neben dem Staatschef auch Premier Giuseppe Conte und mehrere Regierungsmitglieder. Auch Dutzende Einsatzkräfte der Rettungsmannschaften, die am Unglückstag Überlebende und Leichen geborgen hatten, nahmen teil. Genuas Erzbischof, Kardinal Angelo Bagnasco, zelebrierte eine Trauermesse. Der Bürgermeister von Genua, Marco Bucci, betonte, dass die Stadt hart gearbeitet habe, um den Neubeginn nach dem Unglück zu schaffen.

Zum Verlassen aufgefordert

Zu Beginn der Trauerzeremonie anwesend war auch der Chef der Autobahngesellschaft "Autostrade per l'Italia" (ASPI), Giovanni Castellucci, gegen den Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Brückeneinsturz laufen. Auf Wunsch der Angehörigen der Opfer mussten er und eine ASPI-Delegation jedoch den Ort verlassen, an dem die Trauermesse zelebriert wurde.

Experten hatten nach dem Unglück erklärt, der Einsturz sei wegen der vielen baulichen Mängel an der Spannbetonbrücke vorhersehbar gewesen. Die Regierungspartei Fünf Sterne verlangt seit Monaten, dass dem Autobahnbetreiber ASPI, einer Tochtergesellschaft der Unternehmerfamilie Benetton, die Konzession für ein 3.500 Kilometer langes Autobahnnetz in Italien entzogen wird. In einem Inserat, das von ASPI am Mittwoch geschaltet wurde, erklärte sich die Autobahngesellschaft zutiefst bestürzt.

Die Überreste der alten Brücke sind mittlerweile abgerissen. Eine neue Brücke wird gebaut und soll Mitte April 2020 fertiggestellt werden. Geleitet wird der Bau vom Stararchitekten Renzo Piano, der ursprünglich aus Genua kommt. "Die neue Brücke wird die Wunde zunähen, die Genua erlitten hat. Sie wird die Stadt wieder verbinden, die seit der Tragödie in zwei geteilt ist", sagte Staatschef Mattarella.

Papst macht Mut

Papst Franziskus hatte den Bürgern Genuas kurz vor dem Jahrestag Mut zugesprochen. "Verliert eure Hoffnung nicht, lasst sie euch nicht rauben!", schrieb das katholische Kirchenoberhaupt in einem Brief, der am Dienstag unter anderem in der Lokalzeitung "Il Secolo XIX" veröffentlicht wurde. Darin bezeichnete er den Einsturz der Morandi-Brücke als "Katastrophe, die verhindert werden hätte können".

Das 40 Meter hohe und fast 1.200 Meter lange Polcevera-Viadukt, das auch Morandi-Brücke genannt wurde, stürzte auf einem etwa 200 Meter langen Abschnitt ein. Die Brücke war Teil der Autobahn 10, die als "Autostrada dei Fiori" bekannt ist und eine wichtige Urlaubsverbindungsstraße nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei, darstellt. Infolge des Unglücks wurden Hunderte Menschen obdachlos, die in den Gebäuden unmittelbar unter der Brücke wohnten. (APA, 14.8.2019)