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Eliud Kipchoge visiert im Rahmen der "Ineos 1:59 Challenge" in Wien die erste Marathonzeit unter zwei Stunden an.

Foto: REUTERS/Andrew Boyers/File Photo

"Ich bin ein einfacher Mann", sagt Eliud Kipchoge. Er ist auch ein schneller Mann, aber das sagt er nicht, das weiß man schon: Der 34-Jährige ist Marathon-Weltrekordler, Olympiasieger, eine Lauflegende. Zwischen 12. und 20. Oktober will Kipchoge in Wien Geschichte schreiben, auf der Prater Hauptallee den ersten Marathon unter zwei Stunden laufen. Es wäre kein offizieller Weltrekord, da der Kenianer von einer Privatarmee an Tempomachern begleitet wird. Aber es wäre ein Meilenstein.

Kipchoge ist kein Mann der großen Worte. Bei einer Telefonkonferenz für Journalisten beantwortet er aus seinem Trainingslager im kenianischen Hochland viele Fragen so kurz, dass danach wartende Stille herrschte. War es das schon? Ja, das war es.

Aber manchmal macht er eine Ausnahme, wenn es um sein Herzensprojekt geht. Dann sagt Kipchoge große Sätze, dann wird er kurz zum Neil Armstrong der Leichtathletik. "Es geht darum, ein Vermächtnis zu hinterlassen", sagt er. "Es wäre wie die Mondlandung." Er sagt: "Ich glaube nicht an Grenzen" und "Ich weiß, dass es passieren wird."

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INEOS 1:59 Challenge

Also trainiert der einfache Mann, und zwar viel. Sein Tagesablauf: Aufstehen um fünf Uhr, laufen, essen, ausruhen, laufen, essen, schlafen, laufen, essen, ausruhen, schlafen. Pro Woche läuft er rund 220 Kilometer. Schon im Mai 2017 wollte Kipchoge die Schallmauer durchbrechen, auf der Rennstrecke in Monza war er um 25 Sekunden zu langsam.

"Das Training ist gleich wie damals. Der Unterschied ist im Kopf", sagt der vierfache Sieger des London-Marathons. In Monza sei er wie ein Boxer gewesen, der den Ring betritt und nicht weiß, was ihn erwartet. "Diesmal bin ich vorbereitet und weiß, was passiert."

Immer wieder kommt Kipchoge auf den mentalen Faktor zurück. "Natürlich werde ich vor großen Rennen nervös", sagt er. Aber er schaffe es, runterzukommen, ruhig zu bleiben. "Wie genau?", wird gefragt. "Rituale habe ich nicht. Ich beruhige mich einfach", sagt der Routinier. Neben seiner mentalen Vorbereitung sollen in Wien die Fans den Unterschied zu Monza machen. In Italien lief Kipchoge unter Ausschluss der Öffentlichkeit, im Prater erwartet er viele Anfeuerungsrufe.

Hoffen auf die Wiener Fans

"Die Fans haben einen großen Effekt", sagt Kipchoge. Über seine Annahme, die Menschen in Wien würden den Sport lieben, ließe sich trefflich diskutieren – man darf aber annehmen, dass sich am 12. Oktober sogar gelernte Wiener im Morgengrauen aus den Federn wagen werden. Der Startschuss wird zu früher Stunde fallen, die genaue Uhrzeit ist noch nicht festgelegt.

Die Frage des STANDARD nach der für ihn perfekten Temperatur beantwortet Kipchoge mit elf bis zwölf Grad. Der rumpelige Asphalt auf der Prater Hauptallee wird bereits auf Kosten von Event-Sponsor Ineos saniert, anreisen wird der kenianische Laufstar eine Woche vor dem angestrebten Termin. "Dann werde ich auf dem Kurs und zu den Sehenswürdigkeiten laufen."

Kipchoge ist ein selbstsicherer Mann. Er weiß: "Einige Leute glauben, dass es unmöglich ist." Das bringt den Pionier nicht aus der Ruhe: "Ich respektiere ihre Ansicht, aber sie sollen meine respektieren. Wir werden beweisen, dass die Zweifler falsch liegen." (Martin Schauhuber, 15.8.2019)