Georg Wieser mit dem fertigen "Parklet 2 go" bei der ersten Ausfahrt in Tirol.

Foto: Natalia Zajacikova

Das "Parklet 2 go" macht aus einem schnöden Parkplatz kurzerhand Lebensraum. Auch im Tiroler Wald machte es sich gut.

Foto: Natalia Zajacikova

Auch kleinere Anstiege waren mit den 130 Kilogramm kein Problem.

Foto: Natalia Zajacikova

Entstanden sind die mobilen Möbel in der Tischlerei in Tirol.

Foto: Georg Wieser

Platz nehmen mit dem "Parklet 2 go" im wörtlichen Sinn.

Foto: Smarter than car/Wieser

Innsbruck – Derzeit unterzieht Georg Wieser seine Erfindung dem ultimativen Härtetest. Der Tiroler bringt sein "Parklet 2 go" per Fahrrad von Innsbruck nach Wien. 130 Kilogramm wiegt der selbstgebaute Anhänger mit dem mobilen Möbelensemble. Wieser hat sich eine Woche Zeit gegeben, um ihn die insgesamt 660 Kilometer in die Hauptstadt zu ziehen. Dort soll das "Parklet 2 go" künftig Stadtnutzern ermöglichen, aus Parkplätzen oder brachliegenden Flächen im Handumdrehen Lebensraum zu machen.

Wieser wird Eindrücke seiner Reise nach Wien via Instagram verbreiten.

Alles, was es dazu braucht, hat Wieser auf seinem 2,35 Meter langen Anhänger untergebracht: zwei Sitzbänke, einen Tisch, drei Teppiche, zwei Sonnenschirme, eine Info-Tafel, Absperrungselemente und sogar drei Beete und ein kleiner Baum werden mitgeführt. Das Mobiliar hat der gebürtige Tiroler mit Wohnsitz in Wien in der väterlichen Tischlerwerkstatt nahe Innsbruck selbst gefertigt. Die Basis seines Anhängers kommt von der Münchner Radltrailer-Schmiede Hinterher, die sich auf individuelle Lösungen für den Lastentransport mit Fahrrädern spezialisiert hat.

Verlangsamung als Teil der Idee

Die Strecke nach Wien legt Wieser mit seinem Alltagsrad, einem stählernen Surly-Bike, Modell Karate Monkey, zurück. Weil der Trailer keine eigenen Bremsen hat, wurde das Radl mit Downhill-Scheibenbremsen aufgerüstet. Auf E-Unterstützung verzichtet der Architekt und Künstler bewusst, um zu beweisen, dass es auch ohne geht: "Die Verlangsamung ist ein Teil des Konzepts des 'Parklet 2 go'." Wieser will gar keinen Zeitplan einhalten oder die Strecke so schnell wie möglich zurücklegen.

Unterwegs, so die Idee, wird er sein Möbelensemble immer wieder aufbauen und testen. Passanten sind eingeladen, sich niederzulassen. Dabei, so die Intention, entstehen interessante Gespräche und ein Austausch. Das Parklet soll quasi als Denkanstoß dienen, der zum Verweilen und Sinnieren einlädt. In nur zehn Minuten ist die Sitzgruppe mitsamt Accessoires aufgebaut und einsatzbereit.

Präsentation bei Mobilitätswoche

Später, in Wien, will Wieser den Anhänger Interessierten zur Nutzung zur Verfügung stellen. Eine kommerzielle Nutzung ist vorerst nicht angedacht, das "Parklet 2 go" wird fürs Erste ein Konzept bleiben. Mit den gleichgesinnten Florian Lorenz und Josh Grisby hat Wieser in Wien die Gruppe "Smarter than car" ins Leben gerufen, die sich als "Thinktank für eine Stadtplanung der Post-CO2-Ära" versteht. Sie werden das "Parklet 2 go" im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche am 22. September in Wien offiziell präsentieren.

Danach soll es als aktionistisches Tool zum Einsatz kommen, um Parkflächen oder brachliegenden urbanen Raum wieder nutzbar zu machen. Es gehe ihm darum, ein Bewusstsein für die Nutzung öffentlichen Raums zu schaffen, sagt Wieser. Er verweist auf die Zahlen des Modal Split für Wien, wo immer noch ein Drittel aller Wege mit dem Pkw zurückgelegt werden und nur sieben Prozent mit dem Fahrrad. Dieser hohe Anteil an motorisiertem Individualverkehr nehme Unmengen an öffentlichem Raum in Anspruch, nämlich fast 80 Prozent. Das gelte es zu ändern. (Steffen Arora, 19.8.2019)