In seinen Anfangstagen hat unser Sonnensystem nicht mit Pyrotechnik gegeizt. Selbst für die damaligen Verhältnisse muss die Jupiter-Kollision aber ein herausragendes Ereignis gewesen sein.
Foto: Illustration by K. Suda & Y. Akimoto/Mabuchi Design Office, Astrobiology Center, Japan

Zürich – Was heute um die Sonne kreist, ist nur noch ein Rest der ursprünglichen Trabanten – nämlich jener, der es beizeiten geschafft hat, auf einer Bahn zu landen, die er exklusiv für sich hat. In der Frühzeit des Sonnensystems hatte sich dieses heute so harmonisch erscheinende System noch nicht eingependelt: Kollisionen, auch zwischen Himmelskörpern in annähernder Planetengröße, kamen häufig vor. Immerhin ist es einer solchen Kollision zwischen der Ur-Erde und einem anderen Protoplaneten zu verdanken, dass unsere Heimatwelt heute von einem überproportional großen Mond umkreist wird.

Etwas Ähnliches dürfte auch dem jungen Jupiter widerfahren sein, berichtet nun ein internationales Forscherteam um Shang-Fei Liu von der chinesischen Sun-Yat-sen-Universität im Fachmagazin "Nature". Hinweise auf die Kollision, die vor etwa 4,5 Milliarden Jahren stattgefunden haben soll, entdeckten die Wissenschafter in Daten der Raumsonde Juno, die Jupiter seit 2016 umkreist.

Rice University

Unter den Juno-Daten fanden sich nämlich auch überraschende Messwerte, die darauf hindeuten, dass der Kern des Gasriesen nicht so dicht und scharf umrissen ist wie bisher angenommen. "Anstelle eines kleinen, kompakten Kerns, den wir bisher angenommen hatten, ist der Jupiterkern eher 'unscharf'", erklärte Ravit Helled von der Universität Zürich.

Neben Gestein und Eis besteht der Kern demnach auch aus Wasserstoff und Helium, und es gibt keinen scharfen Übergang zwischen Planetenkern und -mantel, sondern einen graduellen. Die Forscher sind der möglichen Ursache nachgegangen und vermuten, dass es eine Kollision war. Und es war dabei ein – milde ausgedrückt – erheblich größerer Brocken im Spiel als der Meteorit, dessen Einschlag auf dem Jupiter vor kurzem erst beobachtet wurde.

Die Phasen der Kollision.
Illustration: Shang-Fei Liu/Sun Yat-sen University

Um herauszufiltern, was genau da mit Jupiter zusammengestoßen sein könnte, führten die Forscher eine Reihe von Computersimulationen mit unterschiedlichen Einschlagskörpern durch. Dabei gingen sie von der Annahme aus, dass der Kern des jungen Jupiter anfangs kompakt war. Anschließend verglichen sie die Ergebnisse der Kollisionen mit den Juno-Messwerten.

Das Resultat: Was Jupiter da getroffen hat, muss gigantisch gewesen sein – ein Protoplanet mit einer Masse, die zehnmal größer als die der Erde war. Und es muss ein direkter Aufprall gewesen sein, nicht nur ein Streifschuss. Die Kollision durchmischte das Material des Kerns mit der inneren Mantelschicht und "verdünnte" den Kern dadurch.

Das Sonnensystem hat in seinen Anfangstagen also einen – mindestens einen – sehr großen Planeten verloren. Möglicherweise wäre aus dem Protoplaneten eine Supererde geworden – eine Variante von Gesteinsplaneten, die man aus anderen Sternsystemen kennt, die bei uns aber fehlt. Dafür ist Jupiter, der diesen Brocken verschlungen hat, noch gewaltiger geworden. (red, 17. 8. 2019)