Heinz Christian Strache auf einem Archivbild mit seiner Frau Philippa.

Foto: APA / Robert Jäger

Es ist das Verdienst der "Kronen Zeitung", endlich einem nationalen Desiderat nachgekommen zu sein und die nicht mehr ganz neue Kanzlerin als neue Kanzlerin, dafür aber ganz persönlich auf dem Cover ihrer bunten Beilage erscheinen zu lassen. Sie gilt zwar als extrem medienscheu und meidet große Interviews, aber einmal wird jede weich. Nun lud sie die "Krone" zum persönlichen Treffen und überraschte ungewohnt offen und sehr sympathisch mit Schilderungen zu ihrer Ernennung, dem Rat ihres Partners & ihren Plänen. Dabei ist die "Krone" alles andere als leicht zu überraschen, aber manchmal macht sie, wenig überraschend, eine Ausnahme.

Unsere neue Kanzlerin empfängt uns in ihrem Büro im Kanzleramt. Sie hat das Metternichzimmer bezogen, und das war eine gute Wahl, denn sie selbst passt in ihrem pastellfarbenen Spitzenkleid und ihren modischen High Heels irgendwie perfekt hinein. Hätte sie das Kreisky-Zimmer bezogen, hätte sie in ihrem pastellfarbenen Spitzenkleid und ihren modischen HighHeelsirgendwie weniger perfekt hineingepasst, aber dann hätte sie vielleicht etwas anderes getragen. Schließlich ist sie eine Frau mit Herz, Hirn & (überraschend viel) Humor.

"Bewegende Tage, die die Republik erlebt"

Es sind bewegende Tage, die die Republik erlebt, denn die Ereignisse haben sich in den letzten Tagen überschlagen. Am Tag vor Christi Himmelfahrt beginnt ihre Mission Kanzleramt. Tausende nehmen ab dem frühen Morgen bei strömendem Regen im Stephansdom Abschied von Niki Lauda, der in der Zwischenzeit - wozwischen? – seinem Leiden erlegen ist. Au contraire Brigitte Bierlein. Brigitte Bierlein sitzt in ihrem Büro, als die Sekretärin fragt, ob sie dem Bundespräsidenten ihre Handynummer geben dürfe. Glaubt man der "Krone", hat sie die folgende Vertrauensseligkeit noch nicht bereut. Um unnötiges Aufsehen zu vermeiden, treppelt sie unter einem großen Regenschirm zum Hintereingang der Hofburg, womit sich die Ereignisse zu überschlagen beginnen. Der Rest ist bekannt. Seit etwas mehr als zwei Monaten ist Brigitte Bierlein nun erste Bundeskanzlerin der Republik, also höchste Zeit für ihren Auftritt in der "Krone".

Frau Bierleins zeitlich begrenztes Avancement ist schicksalhaft verbunden mit dem Aufstieg einer anderen Frau. Wäre H.-C. Strache nicht in Ibiza verschwörungsbedingt dem Charme dreckiger Zehennägel verfallen, wäre Bierlein heute nicht Bundeskanzlerin und Philippa Strache noch einfache Tierschutzbeauftragte der FPÖ statt Kandidatin für die Nationalratswahl. Es wird nur wenige Männer geben, die in einem Aufwaschen gleich zwei Frauen in politische Funktionen zu katapultieren vermochten. Den Titel "Feminist des Jahres" hätte er sich mindestens verdient.

"Jetzt wird es bald dem Dümmsten klar"

Seine noch immer eigene Partei dankt es ihm wenig. Gerade, dass er noch aus ihrem Wiener Büro russischen Hörern sein Leid klagen darf, sonst will man ihn in Wien untertauchen sehen. Hingegen wirft sie sich mit all ihrer publizistischen Macht für den Innenminister der blauen Herzen ins Zeug, als hätte es Strache nie gegeben. Jetzt wird es bald dem Dümmsten klar: Ibiza wurde inszeniert, um die restriktive EU-Einwanderungspolitik des Innenministers zu verhindern, ist in "Zur Zeit" zu lesen. War Strache nicht ein führender Teilnehmer an dieser Inszenierung? Bei einem Minimum an Logik wäre Parteiausschluss fällig. Aber liquidieren lässt sich auch scheibchenweise.

Da heißt es etwa: Kickl und Hofer: Blaue Lichtzeichen der letzten Bundesregierung – als hätte dieser nicht auch Strache immerhin als Vizekanzler angehört. Offenliegendes Allgemeinwissen, die türkis-blaue Koalition betreffend, sickert nun auch in die Freiheitlichen. Ein weiterer Schwachpunkt der blauen Mannschaft war die personelle Besetzung der einzelnen Ressorts. Einzig der Innenminister und der neue Parteichef Hofer waren es, die der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft alle Ehre gemacht hatten. Eine solche Auslöschung eines untragbar Gewordenen hätte Stalin kaum besser hingekriegt.

"Bitte, nur kein ,Comeback'."

Natürlich wissen alle (die es wissen müssen), dass das - das Ibiza-Video – eine perfekte Intrige gewesen ist. Der ehemalige Chef hat das einzig Richtige getan und ist sofort zurückgetreten. Das politische Leben ist hart und Aufstieg und Fall liegen immer eng beisammen. Bitte, nur kein "Comeback". Einverstanden. Bei Kickl erübrigt sich die Frage nach einem "Comeback" als Innenminister. Ein Vizekanzler Hofer käme darüber gut hinweg. (Günter Traxler, 17.8.2019)