In der Mattighofener Motorwelt brummt zwar nicht der Tourismus. Der beschränkt sich eher auf die Motorradausflugsfahrer 50+. Aber sonst steht alles bereit für ein wenig Einspritzmotorenporno.

Foto: APA / Barbara Gindl

Es ist ein wenig kompliziert. Wenn man sich Mattighofen von der Salzburger Seite nähert, versäumt man von der Anfahrt mit dem Feinstaubauto her gesehen die hervorragende Bierbrauerei Vitzthum in Uttendorf. Von der zugesperrten Whiskymühle zwischen Mettmach und Saiga Hans, in der ein Schulkollege 1982 einem Kieberer in Zivil die Nase gebrochen hat, weil ihm dessen Exekutivengesicht nicht gefallen hat, und er deswegen die Matura versäumte, oder auch dem Kirchenwirt in Maria Schmolln, wo es jetzt auch Pizza zu essen gibt, ein anderes Mal (verrückt, Pizza in der Schmolln!). Wir sind hier ja nicht zum Spaß.

Ein früher Erkenntnisgewinn beschleicht einen allerdings von der Salzburger Seite her: Je mehr man sich Mattighofen nähert, desto mehr KTM wird es. Es ist ein wenig so, wie wenn Clint Eastwood in eine Stadt in der mitten im Nirgendwo liegenden Prärie reitet, und er sich schon früh darüber im Klaren ist, dass etwas nicht ganz stimmt, weil offenbar einem Mann allein die Stadt gehört.

Jetzt, kurz vor dem Ziel, gleich nach der großzügig angelegten Umfahrungsstraße, reiht sich Fabrikhalle an Fabrikhalle – und wir reden hier von wirklich großen Hallen: Mattighofen, das ist auf Gedeih und Verderb KTM.

Obwohl die Firma Kronreif und Trunkenpolz in Mattighofen (KTM) wesentliche Teile der Produktion (man erinnert sich an das legendäre Bauernrockermoped KTM 80 Chopper von 1981) mittlerweile nach Indien ausgelagert hat: Kurz vor dem Stadttor tut sich dann, eigentlich wenig unvermutet, der "KTM-Platz" auf. Hier steht sie endlich nach stundenlanger Anreise unter der Hausnummer eins, die sogenannte KTM Motohall, von der man in der letzten Zeit so viel in den Zeitungen liest.

"Tuningstation für Körper und Geist"

Eröffnet erst im Mai 2019, handelt es sich hier um nichts weniger als einen Weihetempel der Motorwelt. Zuletzt erregte er vor allem damit Aufsehen, dass das Land Oberösterreich beschloss, in einer aus Sicht des zuständigen Kulturlandesrates und zufällig gleichzeitig als Landesvater agierenden Landesvaters mutigen Entscheidung, das ähnlich wie das Guggenheim-Museum von Frank Lloyd Wright in New York in Rotundenform angelegte Gebäude (okay, zwei, drei Runden weniger) mit 1,8 Millionen Euro Kulturförderung zu beschenken.

Bei gleichzeitiger Kürzung des Gerschtls für solchen Blödsinn wie unabhängige Kulturinitiativen oder irgendwas mit Frauen hat es da von linkslinker Seite natürlich auch Gegenstimmen gegeben. Ja, aber was: wurscht.

Eröffnet erst im Mai 2019, handelt es sich hier um nichts weniger als einen Weihetempel der Motorwelt.
Foto: Anna Larissa

Immerhin hat der KTM-Chef Stefan Pierer ja vor der letzten Nationalratswahl mit einer erheblichen sechsstelligen Spende die Türkisen in Wien unterstützt, die man sich in Oberösterreich noch immer als die Schwarzen vorzustellen hat. Die haben mit dem allen aber siebenstellig nichts zu tun, weil die KTM Motohall ja nicht von KTM betrieben wird, sondern von den Betreibern der KTM Motohall, was jetzt aber irgendwie kompliziert ist, weil der Sohn vom KTM-Chef der Chef von der KTM Motohall ist.

Kurz vor der KTM Motohall geht es in Mattighofen noch schnell in die KTM-Gaststätte "Garage" auf einen zünftigen "Moto GP Toast" (Beiried) oder interessanten "KTM Fullgas Toast" (Oktopus): "Die Garage ist deine Tuningstation für Körper und Geist. Hier wird nämlich nicht am Motor, sondern an deinem Wohlbefinden geschraubt!" Nämlich.

Ah! Endlich weitet sich nun der gut zubetonierte KTM-Platz zur KTM Motohall hin. An diesem lauen Sommerwochentag hat man es in dem, rein objektiv gesehen, einer einzigen Motorfahrzeugmarke gewidmeten "Museum" im Firmengrundton Orange (der sich übrigens gut mit dem in mittelbarer Nachbarschaft am Fuschlsee ansässigen Red Bull und dessen Logo verträgt) mit ziemlich genau 15 bis zwanzig Männern in Motorradkleidung und bestem Alter zu tun.

Nach einem beim Knödelwirt eingenommenen herzhaften Mittagessen tut man sich bergauf grad ein wenig schwer. Ein Kleinbus aus dem benachbarten Bezirk Ried im Innkreis ist auch da. Aber die darin befindlichen Mannsleute brauchen noch ein bisschen bis zum Eingang, weil sich der VW-Kübel in der Einfahrt zur Tiefgarage aufgrund der zu hohen Wagenhöhe ein wenig verkeilt hat.

Die Motorradfahrer schreiten inzwischen andachtsvoll die Rotunde ab und nehmen in der Leistungsschau der früher bei der österreichischen Weltjugend gar nicht einmal so geschätzten Marke KTM Anteil am Hauch der Multimediageschichte (KTM 80 Chopper von 1981 hatten wir schon?): "Tauche ein in die bewegte Geschichte von KTM und entdecke als Erster die neuesten Modelle der aktuellen Racing-Saison. Triff die Helden des Rennsports und erlebe ihre größten Momente. Nach der Tour wirst auch du mit dem Ready-to-race-Virus infiziert sein, versprochen. Gegenmittel: keine."

Die KTM Motohall wird ja nicht von KTM betrieben, sondern von den Betreibern der KTM Motohall, was jetzt aber irgendwie kompliziert ist, weil der Sohn vom KTM-Chef der Chef von der KTM Motohall ist.
Foto: Anna Larissa

"Für den Spaßeinsatz"

Es ist jetzt so: Wenn man sich nicht für Ersatz- oder Einspritzteile, Einspritzdüsen und Einspritzpumpen interessiert und so wie etwa die drei anwesenden, missmutigen Cis-Frauen in der KTM Motohall eigentlich den Tag lieber im Salzkammergut oder beim Paartherapeuten verbringen möchte, ist man in der KTM Motohall noch mehr fehl am Platz als in den fast noch ein wenig interessanteren Technischen Museen von München oder Wien.

"Rohrrahmen mit Doppelschleifen", "Stahl ist steifer als Aluminium", "Small in dimensions, large on output", "Entwickelt in Mattighofen, gebaut in Indien, gefahren überall", "Zugleich bestens für den Spaßeinsatz geeignet", "Pure naked madness!".

"Öffne in der Mitte einer gemeinen Kurve hart das Gas. Bremse voll, wenn du bereits in Schräglage bist."

"Öffne in der Mitte einer gemeinen Kurve hart das Gas. Bremse voll, wenn du bereits in Schräglage bist."
Foto: Anna Larissa

"Die Studien zeigen den mächtigen Willen der Designer, alles Bisherige zu übertreffen. Sie leben die Verantwortung, das Motorrad mit Sinn und Spaß zu nutzen." Nach dem Design, den Bauplänen und den Windkanal- und Belastungstest-Kreuzwegstationen geht es über die Geschichte der KTM-Mopperln von 1957 (KTM Mecky), vorbei an den ausgestellten historischen und hochglanzpolierten Motorrädern in die Zukunft, die heute ist.

Der letzte Teil dieser eiligen Halle ist einem Verkaufsraum gewidmet, in dem man aktuelle und ab 2020 erhältliche (Renn-)Modelle bewundern kann: "Roh, pur, jenseits der Vernunft".

Ganz oben im Rundgang schließlich die Ruhmeshalle. Schaufensterpuppen in den Renndressen und mit den Maschinen der 50 wichtigsten oder so KTM-Sieger in Motocross, Enduro und/oder Moto 3: "Die Liste der Siege ist endlos. Auf griffigem Asphalt, im schonungslosen Gelände und in nicht enden wollenden Rallyes wurden Legenden geformt und Geschichte geschrieben. Alles für das Team. Wir verneigen uns."

Vor dem ebenfalls ziemlich orangenen Fanartikel-Shop, in dem es orangene Hemden, T-Shirts, Baseballkappen, Rollkoffer und Gummistiefel zu kaufen gibt, bleibt an einer Wand mit den aktuellen Motocross-Modellen davor ein Satz hängen: "Nichts ist schmerzhafter als der zweite Platz." Und: "Wo ist dein Limit?" Sagen wir es so: 1,8 Millionen Euro sind ein guter Preis. Vielleicht hätte es ein großzügigeres Prospektheftl vom Landesvater auch getan. (Christian Schachinger, 17.8.2019)