Das Ibiza-Video zeigte neue Dimensionen betreffend Umgang mit Staatsvermögen auf.

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Die Geschichte der Zweiten Republik ist auch eine der Korruptionsfälle, und zwar unabhängig davon, wer gerade regierte. Doch trügt der Eindruck, dass die FPÖ in Zeiten ihrer beiden Regierungsbeteiligungen ab dem Jahr 2000 besonders nah am Futtertrog stand? Unter Schwarz-Blau I und auch danach kamen ja besonders viele anrüchige Vorfälle ans Tageslicht. Die kurze Phase der Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition ab 2017 hat besonders viele Affären hervorgebracht.

Der frühere Rechnungshofchef Franz Fiedler meinte kürzlich zum STANDARD, es sei schwer zu beurteilen, welche Partei am anfälligsten für Bestechung, schwarze Kassen oder sonstige Machenschaften sei. Bei der FPÖ getraue er sich aber zu sagen, dass die Partei seit 2000 in deutlich mehr Affären verstrickt gewesen sei als zuvor.

Nachholbedarf

"Es gab einen gewissen Nachholbedarf", sagte Fiedler. Das liege auch an der dünnen Personaldecke der Freiheitlichen, die es nicht erlaube, nur Personen mit tadellosem Charakter in wichtige Funktionen zu hieven. Der FPÖ fehle es insbesondere an Vorfeldorganisationen wie Kammern, die bei ÖVP und SPÖ oft als personelles Reservoir dienen.

Grasser steht in der Causa Buwog als Angeklagter vor Gericht.
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Härter ins Gericht mit den Blauen geht der Kabarettist Florian Scheuba, für den die Korruption "zur DNA der FPÖ" gehört. Die jeweilige Regierungsbeteiligung sei "die Zeit abzukassieren", behauptet er.

Angesichts von Ibiza und Razzien wegen eines angeblichen Deals der FPÖ mit Novomatic bei einer Postenbesetzung in der Casinos Austria AG blickt DER STANDARD auf ein paar erwiesene und einige vermutete Korruptionsfälle zurück.

Jörg Haider anlässlich der Parteiübernahme.
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  • Hypo Alpe Adria Das Debakel der einstigen Kärntner Landesbank wäre – wenngleich auch andere Parteien involviert waren – ohne Jörg Haider kaum denkbar. Das rasante Wachstum, bei dem unvertretbare Risiken eingegangen wurden, war nur dank Kärntner Haftung möglich. Dazu kamen viele Finanzierungen der Bank auf Geheiß des verstorbenen Landeschefs. Auch am Verkauf von Anteilen an die Bayerische Landesbank naschte man kräftig mit.
  • "Part of the game" Die Affäre spielt zwar im BZÖ-Milieu, doch das ist im Rückblick der Geschichte nebensächlich. Uwe Scheuch bot 2009 einem potenziellen russischen Investor die österreichische Staatsbürgerschaft an. Vom Investment sollten "fünf bis zehn Prozent" an die Partei gehen. Derartige Geschäfte seien "no na net part of the game", also selbstverständlich. Scheuch fasste dafür sieben Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe aus und trat von allen politischen Funktionen zurück.
  • Wo woar mei Leistung? Walter Meischberger hat mit mehreren Affären auf sich aufmerksam gemacht, oft für Verärgerung, manchmal aber auch für Erheiterung gesorgt. Bei diversen Immobiliengeschäften sowie in der Causa Buwog konnte er sich nicht mehr daran erinnern, für welche Tätigkeiten er hohe Provisionen erhalten hatte. Aus Telefonmitschnitten bleiben Aussagen wie "Wo woar mei Leistung" und "Da bin i supernackt" in bester Erinnerung. Derzeit steht Meischberger in der Causa Buwog vor Gericht, ebenso wie jener Mann, dessen Trauzeuge Meischberger war: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, ebenfalls früherer FPÖ-Politiker. Zum Prozessauftakt wurden die Personen vom einstigen Vertrauten Peter Hochegger schwer belastet. Demnach wurde der Verkauf der Bundeswohnungen geschoben und die Provision aufgeteilt. Grasser und Meischberger weisen die Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.
  • Causa Telekom Wenngleich die Telekom Austria in alle Richtungen Geld verteilte, zählen die Zuwendungen an Hubert Gorbach doch zu den spektakulärsten. Der ehemalige Vizekanzler hat 268.000 Euro vom teilstaatlichen Konzern erhalten, ein Teil davon ging an seine Sekretärin. Vermutet wird ein Dankeschön der Telekom für eine aus Sicht des Konzerns generöse Regulierung (Universaldienstverordnung). Gorbach wurde ein Prozess erspart – man einigte sich auf eine Diversion. Verurteilt wurde hingegen der frühere FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold: Er hatte 2004 von der Telekom 600.000 Euro erhalten. Die Zahlung erfolgte auf Basis einer Scheinrechnung ohne Erbringen einer entsprechenden Leistung. Den Betrag verwendete Rumpold zur Gegenverrechnung offener Forderungen mit der FPÖ.
  • Lotterien Auch Ex-Politiker Peter Westenthaler wurde zur Verantwortung gezogen. Es ging um eine auf einer Scheinrechnung basierende Zahlung der Österreichischen Lotterien in Höhe von 300.000 Euro an das BZÖ im Sommer 2006. Zudem behandelte der Prozess die angeblich missbräuchliche Verwendung einer dem Fußballnachwuchs zugedachten Millionensubvention an die Bundesliga.
  • Ideenschmiede Auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl schaffte es mit einer Affäre in die Medien. In der Causa "Ideenschmiede" flossen Steuergelder über die Werbeagentur an die Partei, wobei der Ex-Innenminister Anteile an dem Unternehmen hielt. Kickl schenkte die Agentur weiter und wusste nach eigenen Angaben nichts von den Geschäften. Die Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt.