Hongkong – Am Sonntag gingen in Hongkong wieder Hunderttausende auf die Straße. Nach Schätzungen der Veranstalter waren es sogar 1,7 Millionen Menschen. Auf der zentralen Kundgebung im Victoria Park, einem der wenigen Parks in der ansonsten zubetonierten Innenstadt, ließ sich die Menge am Sonntag auch nicht durch strömenden Regen abbringen. Als das Wasser vom Himmel kam, spannten alle ihre Regenschirme auf. Im Unterschied zu vielen früheren Tagen blieben Krawalle bis Sonntagabend aus. Die städtische Polizei setzte erstmals seit längerer Zeit auch kein Tränengas ein.

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Trotz Regens gingen am Sonntag in Hongkong wieder Hunderttausende auf die Straße.
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Die Demonstration wurde von der Protestgruppe Civil Human Rights Front (CHRF) organisiert. Die Organisation meidet Konfrontationen mit der Polizei und war die treibende Kraft hinter den Rekord-Kundgebungen im Juni und Juli mit mehreren hunderttausend Teilnehmern. Die Aktivisten wollen mit der Großdemonstration am Sonntag deutlich machen, dass ihre Bewegung trotz zunehmender Gewalt und schärfer werdender Drohungen Pekings immer noch breite Unterstützung in der Öffentlichkeit findet.

"Wir werden weiter kämpfen"

"Wir hoffen, dass wir der Welt zeigen können, dass die Menschen in Hongkong völlig friedlich sein können", sagte die CHRF-Sprecherin Bonnie Leung. Sollten die Regierungen in Hongkong und Peking "darauf warten, dass unsere Bewegung stirbt, dann liegen sie falsch. Wir werden weiter kämpfen".

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Die Veranstalter sprachen von 1,7 Millionen Teilnehmern.
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Die Proteste, die seit zehn Wochen andauern, haben die chinesische Sonderverwaltungszone in eine schwere Krise gestürzt. Sie richteten sich zunächst gegen ein inzwischen ausgesetztes Auslieferungsgesetz, das auch Überstellungen von Verdächtigen an Festland-China vorsah. Inzwischen haben sie sich zu einer Massenbewegung für Demokratie entwickelt.

In jüngster Zeit schlugen sie verstärkt in Gewalt um, wenngleich auch die Polizei immer härter gegen die Demonstranten vorging und auch das chinesische Militär mit Drohgebärden entlang der Grenze zu Hongkong aufhorchen ließ.

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Die Proteste halten seit zehn Wochen an.
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Am Samstag hatte die Europäische Union die Demonstration in Hongkong zur Mäßigung aufgefordert. In den vergangenen beiden Monaten hätten viele Bewohner der Stadt ihr fundamentales Versammlungsrecht wahrgenommen, hieß es in einer Erklärung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, die das Auswärtige Amt in Berlin über Twitter verbreitete. Allerdings habe es zuletzt eine steigende Zahl inakzeptabler gewaltsamer Zwischenfälle mit dem Risiko weiterer Gewalt und Instabilität gegeben. "Es ist wichtig, das Zurückhaltung geübt, Gewalt zurückgewiesen und schnell Schritte zur Deeskalation der Lage gegangen werden." Wichtig sei ein Dialog aller wichtigen Beteiligten. Das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" müsse erhalten bleiben.

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Es ist ein Protest für Freiheit und Demokratie.
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Chinesische Sonderverwaltungszone

Die frühere britische Kronkolonie Hongkong ist seit 1997 eine chinesische Sonderverwaltungszone, in der die Einwohner größere persönliche Freiheiten genießen als in der Volksrepublik. Eigentlich sind auch demokratische Grundrechte wie Presse-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit garantiert. Zuletzt drohte China den Demonstranten aber unverhohlen mit einem Eingreifen. (APA/Reuters, red, 18.8.2019)