Dass die Restaurantkette tief in der Krise steckt, merkt man vor Ort nicht: In der Filiale in Wien-Landstraße müssen die Pizzabäcker rasch arbeiten, um bei den Bestellungen nachzukommen.

Foto: Lena Langbauer

Mit einer unerwarteten Nachricht überraschte die Restaurantkette Vapiano zu Wochenbeginn: Ihr Chef Cornelius Everke kündigte per 31. August den Rücktritt an. Persönliche Gründe sollen dahinterstecken. Die Firma betont, dass es "hundertprozentig" Everkes freiwillige Entscheidung sei, nach gerade einem Dreivierteljahr im Amt. Everke sehe das Unternehmen "in der derzeitigen Phase des strategischen Übergangs gut aufgestellt", betont Vapiano. Der bald ehemalige Chef wollte mit einer reduzierten Menükarte und verbesserten Arbeitsabläufen – lange Wartezeiten sorgten bei manchen Kunden für Ärgernis – die Kette auf Vordermann bringen. Denn das Restaurantunternehmen schreibt aufgrund schneller Expansion hohe Verluste, die Schuldenlast nimmt zu.

Die Restaurant-Kette Vapiano hat über Nacht überraschend ihren Chef verloren. Sie steckt darüber hinaus tief in den roten Zahlen.
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Die Situation vor Ort

Ein Lokalaugenschein Montagmittag bei der Restaurantkette Vapiano in Wien-Landstraße zeigt: Jede Kochstelle wird genutzt, die Pizzabäcker kommen mit dem Teigausrollen gar nicht nach, und die hungrigen Kunden müssen sich erst eine Zeitlang anstellen, bevor sie ihr Mittagessen bestellen können. An Kundschaft fehlt es der Kette mit dem Motto "Quick Casual Dining" ganz offensichtlich nicht, trotzdem verzeichnet Vapiano aktuell Millionenverluste.

Der Systemgastronom erreichte 2018 Umsätze von 372 Millionen Euro, häufte dabei aber einen Verlust von 101 Millionen Euro an. Als Grund gilt der rasante Expansionskurs: Im vergangenen Jahr wurden weltweit 32 neue Restaurants eröffnet. Gleichzeitig schnellte die Nettoverschuldung von 116 auf 174 Millionen Euro hinauf. Auch im ersten Quartal 2019 setzte sich die durchwachsene Entwicklung fort: Der Umsatz erhöhte sich durch die zusätzlichen Standorte zwar um 13,4 Prozent, auf vergleichbarer Fläche sanken die Erlöse allerdings um fast vier Prozent. Zahlen für das erste Halbjahr wurden noch nicht bekanntgegeben.

Vapiano-Aktie verliert enorm an Wert

Bei der Vapiano-Aktie sieht es ebenfalls nicht gut aus: Seit dem Börsenstart 2017 hat sie mehr als 80 Prozent ihres Werts verloren. Everke führte zwar Sanierungspläne ein, die änderten aber auch nichts – nach deren Bekanntgabe ging die Talfahrt weiter. Am Mittwoch steht eine Hauptversammlung der Firma in Köln an, dabei könnten "vor allem Kleinaktionäre ihrem Ärger Luft machen". Auch den beteiligten Großaktionären dürfte die aktuelle Lage weniger gefallen, darunter befinden sich beispielsweise die Tchibo-Erben Günter und Daniela Herz sowie die Wella-Erbin Gisa Sander.

Vorübergehende Geschäftsführung

Anfang des Jahres hat Vapiano sein US-Geschäft – mit aktuell sechs Restaurants – für ein Finanzpaket von 20 Millionen Dollar an einen kalifornischen Dienstleister verkauft. Der Käufer zahlte jedoch nicht, die im Sand verlaufene Finanzspritze wäre allerdings bitter nötig gewesen.

Vapiano muss nun nach dem unerwarteten Abgang des Geschäftsführers die Sanierung fortsetzen. Zunächst soll die bisherige Aufsichtsratvorsitzende Vanessa Hall die operativen Geschäfte führen, währenddessen soll eine dauerhafte Nachfolge für Everke gefunden werden. Diese muss sich dann der Herausforderung stellen, die Kette wieder auf Erfolgskurs zu bringen. (Lena Langbauer, 19.8.2019)