Arbeitet die Leber nicht mehr richtig, schlägt sich das innerhalb kurzer Zeit auch auf das Gehirn, haben Forscher herausgefunden. Zumindest zeigte sich das im Mausmodell.

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Genf/Lausanne – Die Leber hat eine wichtige Entgiftungsfunktion für den Körper. Ist diese beeinträchtigt, leidet auch das Gehirn: Ein Forschungsteam aus Lausanne und Genf hat die Zusammenhänge hinter einer solchen Leber-Hirn-Störung an Ratten untersucht. Von ihren Ergebnissen berichteten die Wissenschafter im Fachblatt "Journal of Hepatology".

Kann die Leber verschiedene Giftstoffe nicht mehr aus dem Blut filtern, verschlechtern sich motorische und kognitive Fähigkeiten. Schlimmstenfalls kann eine solche Funktionsstörung des Gehirns, hepatische Enzephalopathie genannt, sogar zu "Leberkoma" führen. Forscher aus Genf und Lausanne berichten nun, dass Fehlfunktionen der Leber bereits nach nur zwei Wochen derartige Schädigungen des Gehirns auslösen können – bevor Symptome sichtbar werden.

Das Forschungsteam der Universitäten und Universitätsspitäler Genf und Lausanne sowie der ETH Lausanne (EPFL) haben die hepatische Enzephalopathie im Detail an Ratten mit chronischer Lebererkrankung untersucht. Insbesondere ging es um die Fragen, wie schnell sich eine Fehlfunktion der Leber auf das Hirn auswirkt und welche Moleküle dabei eine Rolle spielen.

Veränderungen im Gehirn

Mithilfe von hochauflösender Bildgebung, der sogenannten Magnetresonanzspektroskopie, beobachteten die Wissenschafter bei den Tieren alle zwei Wochen, wie sich das Gehirn ab dem Einsetzen der Lebererkrankung veränderte. Bereits nach den ersten 14 Tagen stellten sie Schädigungen fest.

"Basierend auf früheren Studien dachten wir, dass es etwa sechs Wochen brauchen würde, bis wir Auswirkungen sehen – also dann, wenn sich der Zustand der Tiere beginnt zu verschlechtern", erklärt Cristina Cudalbu von der EPFL. Äußerliche Symptome wie Gelbsucht, Mangelernährung und Wassereinlagerungen im Bauch waren erst zwischen der vierten und achten Woche sichtbar.

Außerdem entdeckten die Forscher, dass bei den Tieren zu diesem Zeitpunkt auch die Konzentration an zwei Molekülen abnahm: Vitamin C und Kreatin. Vitamin C wirkt als Antioxidans, Kreatin hat unter anderem Funktionen im Energiehaushalt. Damit sei die Rolle dieser beiden Moleküle bei der Leber-Hirn-Störung erstmals nachgewiesen worden, heißt es vonseiten der Forscher.

Hirn durch Vitamin C und Kreatin schützen

Bekannt war hingegen, dass der Ammonium-Spiegel im Blut und im Hirn steigt. Ammonium entsteht, wenn Proteine abgebaut werden. Ein Teil davon wird im Gehirn zu Glutamin umgewandelt, das wiederum für die Produktion von Neurotransmittern gebraucht wird. Der Rest wird von der Leber gefiltert und über den Urin ausgeschieden. Durch eine Lebererkrankung steigen Ammonium-Konzentration und Glutamin-Produktion im Gehirn. Der Rückgang von Vitamin C und Kreatin scheint in einer zweiten Phase nach dem Ammonium-Anstieg im Blut stattzufinden.

Die Studienergebnisse zeigen zum einen, dass sich mittels Magnetresonanzspektroskopie Hirnschädigungen womöglich bereits lange vor den ersten Symptomen feststellen lassen. Die Forscher führen nun Untersuchungen an Patienten durch, um festzustellen, ob sich die Befunde auf den Menschen übertragen lassen. Zum anderen möchten die Forscher Wege finden, das Hirn zu schützen, möglicherweise durch Kompensation des Vitamin C- und Kreatin-Mangels. (APA, sda, 19.8.2019)