Kinder im Lager Al-Haul.

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Deutschland hat erstmals die Rückkehr von IS-Kindern organisiert. Drei Waisenkinder im Alter von zwei bis sieben Jahren und ein Baby, deren Eltern sich der Terrormiliz "Islamischer Staat" angeschlossen hatten, sind aktuell auf dem Weg von Syrien zu ihren Angehörigen in Deutschland, sagte Abdel Karim Omar, Sprecher der kurdischen Behörden in Syrien, der Deutschen Presse-Agentur.

Eine Delegation, darunter auch Ärzte, hat die Kinder demnach am Montag an einem Grenzübergang zwischen Syrien und dem Irak in ihre Obhut genommen. Sie werden nun in die Stadt Erbil im Nordirak gebracht und dann nach Deutschland ausgeflogen, berichtete die ARD-"Tagesschau". Zuvor hatten die Kinder in dem Gefangenenlager Al-Haul in Nordsyrien bei anderen Familien von IS-Kämpfern gelebt. Laut dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" handelt sich um die Kinder zweier getöteter IS-Anhängerinnen aus den Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg.

Eigentlich hätte ein weiteres Waisenkind nach Deutschland gebracht werden sollen, es ist jedoch in der Zwischenzeit verschwunden. Das zehn Monate alte Mädchen, das schon in Syrien zur Welt kam, litt an Wassereinlagerungen im Kopf und wurde vor Ort nur notdürftig operiert. Später kam es zu einer Sepsis, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Die Mutter des Kindes lebt demnach noch mit weiteren Kindern in Al-Haul.

Keine Vertretung

Schon seit längerer Zeit wird diskutiert, was mit deutschen IS-Anhängern und ihren Kinder passieren soll, die sich in Syrien befinden. Weil es keine konsularische Vertretung in Nordsyrien gibt, so die Argumentation des Auswärtigen Amts, habe man nicht tätig werden können. Im aktuellen Fall hatte aber ein deutscher Rechtsanwalt im Namen von Angehörigen dagegen geklagt und ein Gericht daraufhin entschieden, dass Deutschland die Waisen zurückholen müsse.

Aktuell wird in Deutschland in zahlreichen weiteren Gerichtsprozessen laut "SZ" genau dieses Thema verhandelt. Juristisch gesehen hätten alle Deutschen das Recht zurückzukehren – die öffentliche Hand müsse sie jedoch nicht aktiv zurückholen. Bei Kindern sei das anders. Auch andere europäische Länder haben bereits damit begonnen, Kinder von IS-Anhängern zurückzuholen.

Einsatz von DNA-Tests

Die deutsche Rückholaktion wurde laut "Spiegel" von Diplomaten "minutiös und klandestin vorbereitet". Die Behörden prüften demnach mithilfe von Hilfsorganisationen durch DNA-Tests, ob es sich um die Kinder der deutschen Mütter handelt.

Laut Außenminister Heiko Mass (SPD) arbeitet die Regierung unter schwierigen Bedingungen daran, mehr Kinder von IS-Kämpfern nach Deutschland zu holen. "Wir werden uns dafür einsetzen, dass auch weitere Kinder Syrien verlassen können", sagte Maas am Montag. "Es handelt sich im Wesentlichen um Kleinkinder, und deren Unterbringung dort ist alles andere als optimal." Er betonte: "Sie können auch nicht für die Taten ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden, und deshalb wollen wir dort helfen."

20 Kinder mit Österreich-Bezug

In dem Lager Al-Haul in Nordsyrien leben zehntausende Menschen. Darunter sollen rund 12.000 Ausländer sein, auch Österreicher. Insgesamt 20 Kinder mit Österreich-Bezug in Verbindung mit der Terrororganisation IS befinden sich nach offiziellen Schätzungen in Syrien und dem Irak. Die bekannten Fällen würden weiterhin geprüft, sagte Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer am Montag.

Konkret geht es um die aus Salzburg stammende Maria G., die mit ihren beiden Kleinkindern in Al-Haul lebt und nach Österreich zurückkehren will. In einem anderen Fall bemühen sich die Großeltern zweier Kleinkinder einer jungen Wienerin um die Ausreise der Enkel. Bekannt wurde außerdem der Fall einer jungen Wienerin, die mit ihrem kleinen Sohn in kurdischer Haft sitzt. (red, 19.8.2019)