Es soll ein Vorzeigeprojekt für klimagerechtes Bauen werden: das Vancouver-Haus in der Wiener Donaustadt. Bis zur International Building Exhibition Vienna im Jahr 2022 soll der Bau in Kooperation mit der kanadischen Stadt auf einem Grundstück in der Donaustädter Waldrebengasse realisiert werden. Ein Bauträgerwettbewerb läuft bereits.

Die ehemalige Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) ging mit Vancouver die Städtekooperation ein.
Foto: Regine Hendrich

Wie Wien wird auch Vancouver seit vielen Jahren als eine der lebenswertesten Städte der Welt gereiht. 2018 verpflichteten sich die damalige Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und die Stadträtin Andrea Reimer aus Vancouver im Rahmen einer Städtekooperation zum Erfahrungsaustausch im Bereich des energieeffizienten Wohnbaus. Als konkretes Projekt entstand auf Wiener Seite das Vancouver-Haus, das mit dem Wohnfonds und der MA 20, der Abteilung für Energieplanung, durchgeführt wird.

Vizebürgermeisterin Birgit Hebein will weiter mit anderen Städten kooperieren. "Gerade für den Kampf gegen den Klimawandel ist es unerlässlich, dass wir international zusammenarbeiten", sagt Klimaschutzstadträtin der Grünen.
Foto: Heribert Corn

"Gerade für den Kampf gegen den Klimawandel ist es unerlässlich, dass wir international zusammenarbeiten", sagt die aktuelle Vizebürgermeisterin, Klimaschutzstadträtin Birgit Hebein. Denn wenn Städte ihr Know-how bündeln, könnten "mehr leistbare und gleichzeitig CO2-neutrale Gebäude" errichtet werden. "So können wir unseren Kindern und allen zukünftigen Generationen ein angenehmes Klima ermöglichen", sagt Hebein.

Holzbau mit 100 Einheiten

Geplant ist ein Holzbau, der 100 Wohnungen mit jeweils etwa genauso vielen Quadratmetern Wohnfläche bieten soll. In dem höchstens vierstöckigen Haus soll es zudem einen dreigruppigen Kindergarten sowie "innovative und leistbare" Wohnungen für Alleinerziehende geben. Außerdem ist ein Garçonnièrenverbund für Menschen mit Behinderung, bestehend aus 15 Wohnungen, geplant. In Vancouver entsteht gleichzeitig das sechsstöckige Vienna-House.

Neben dem sozialen Aspekt hat der Bau aber einen zweiten Fokus: Er soll so CO2-neutral wie möglich betrieben werden. "Das sind die zwei Megathemen, die wir derzeit haben und miteinander verbinden", sagt Bernd Vogl, Leiter der MA 20 Energieplanung: "Günstigen Wohnraum in einer wachsenden Stadt so zu bauen, dass auch die Fridays-for-Future-Bewegung davon begeistert ist."

Experimentierfeld ohne Fernwärme

Das Haus soll diesbezüglich ein "Experimentierfeld" sein, wo bewusst "von gewissen Dingen abgegangen wird", sagt Vogl. So wird es etwa nicht, wie andere Bauten des Wohnfonds, an die Fernwärme angeschlossen. Ein Kriterium des Wettbewerbs ist der Betrieb mit erneuerbarer Energie.

Für die laufende Ausschreibung hat Wien Energie daher ein Basisenergiesystem ausgearbeitet. "Wenn ein Wohnbauträger tolle Innovationen im sozialen Bereich hat, aber kein eigenes Energiesystem, kann er dieses wählen. Hat er eine eigene innovative Lösung, kann sie aber auch mitgenommen werden", erklärt Vogl. Die Benchmark sei das System der Wien Energie, wobei man das Haus über Wärmepumpen heizen und kühlen kann. "Wenn es gut geplant ist, brauchen die Wärmepumpen ein Viertel bis ein Fünftel der Energie, als wenn man Gas nutzt", sagt Vogl. Der Strom, der die Pumpen antreibt, soll aus erneuerbarer Energie kommen. "Die meiste Energie fällt im Winter fürs Heizen und fürs Warmwasser an." Hier setzt man auf Sonne und Wind. "Im Winter ist die Windenergie relevanter. Wir können steuern, dass die Wärmepumpen vor allem aktiv sind, wenn viel Wind da ist. Das macht auch den Strom billiger", betont Vogl: "Hochwärmegedämmte Gebäude kann man ein, zwei Grad höher aufladen, ohne dass man es merkt, so kann man relativ viel abdecken." Ähnliche Systeme würden derzeit in den neuen Schulcampusbauten eingesetzt.

CO2-Rucksack soll erneuerbar werden

Ein gewisser Teil bleibt aber doch, der noch nicht aus erneuerbarer Energie gewonnen werden kann. "Das ist der CO2-Rucksack, den das Gebäude tragen muss", sagt Vogl. Perspektivisch soll dieser aber auch erneuerbar werden. "Eine in der Stadt vieldiskutierte Strategie ist grünes Gas." Wenn das Energiesystem komplett umgestellt ist, soll die Restenergie, die heute in Wien vor allem aus Strom aus mit fossilem Erdgas betriebener Kraft-Wärme-Kopplung kommt, ebenfalls erneuerbar sein. Sie soll dann zum Teil auch aus Wind und Sonne kommen und zu einem Teil aus einer Kraft-Wärme-Kopplung, die dann mit grünem Gas betrieben wird. "Wenn die Energiewende funktioniert, hat man in ein paar Jahren ein CO2-freies Haus."

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Ende Oktober, wenn die Planerteams der beiden Städte feststehen, sollen diese in Vancouver (Bild) und Wien eng zusammenarbeiten.
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Ende Oktober sollen die Planerteams für die Häuser in Wien und Vancouver feststehen. Gerade in der ersten Planungsphase sollen sie eng zusammenarbeiten. "Es werden zwei Projekte herauskommen, die viele Städte international interessieren werden", ist sich Vogl sicher. (Oona Kroisleitner, 20.8.2019)