Birkenpech, das paläolithische Pattex.
Foto: Jorre/wikimedia, CC BY-SA 3.0

Tübingen/Wien – Birkenpech war so etwas wie der Superkleber der Eiszeit: Die teerige Substanz findet sich zum Beispiel auf den Pfeilen von Ötzi, der damit scharfe Steinspitzen an Holzschäften befestigte. Die früheste Verwendung von Birkenpech wurde in Italien entdeckt und auf etwa 200.000 Jahre geschätzt, was nahelegt, dass bereits die Neandertaler den Klebstoff herstellten.

Komplexer Produktionsprozess?

Das wurde viele Jahre lang als Beweis dafür angesehen, dass die Neandertaler über erhebliche technische Fähigkeiten und also auch Hirnschmalz verfügten. Denn Forscher haben in den vergangenen Jahren den Herstellungsprozess immer wieder unter vorzeitlichen Bedingungen nachgestellt. Dabei kamen sie zum Schluss, dass man bei der Herstellung des Klebers aus Birkenrinde auf die Temperatur achten muss, die ziemlich genau 350 Grad betragen sollte. Zudem sei eine luftdichte Versiegelung nötig, damit die Rinde nur verschwelt.

Birkenpechherstellung auf nicht ganz authentische prähistorische Art.
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Temperaturspanne kann größer sein

Vor zwei Jahren erst kam ein Team der Uni Leiden im Fachjournal "Scientific Reports"jedoch zum Schluss, dass die genaue Temperatur doch nicht so eine wichtige Rolle spielt wie lange angenommen: Es klappt auch bei Temperaturen, die höher als 200 Grad Celsius liegen, aber niedriger als 500 Grad sind. Bleibt die luftdichte Versiegelung, die einige Cleverness erfordert – dachte man zumindest bis jetzt.

Denn nun hat ein internationales Forscherteam um Patrick Schmidt (Uni Tübingen) Birkenpech unter einfachsten Bedingungen herstellen können. Wie die Forscher im Fachblatt "PNAS" berichten, haben sie einfach Birkenrinde in unmittelbarer Nähe senkrecht aufgestellter, glatter Steine verbrannt. Nach nur drei Stunden sammelte sich an den Steinen eine brauchbare Menge an Birkenpech, die man nur abschaben musste. Es braucht also auch keine luftdichte Versiegelung.

Gleiche chemische Eigenschaften

Dieses Birkenpech hatte tatsächlich die gleichen chemischen Eigenschaften wie jenes der Neandertaler, die – zumindest für dessen Herstellungsprozess – weniger Grips mitbringen mussten, als lange von der Wissenschaft angenommen. Etwas nachdenklich stimmt allerdings, dass heutige Forscher – also mithin eher klügere Vertreter von Homo sapiens – so lange brauchten, um auf diese supereinfache Produktionsweise zu kommen. (tasch, 19.8.2019)