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Die Küstenwache ist im Einsatz, um die Geflüchteten aus dem Wasser zu retten.

Foto: REUTERS/GUGLIELMO MANGIAPANE

Rom –Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Agrigent hat am Dienstag die Konfiszierung des spanischen Migranten-Rettungsschiffes "Open Arms" vor der süditalienischen Insel Lampedusa sowie die Evakuierung der Migranten an Bord beschlossen.

Das Büro des Staatsanwaltes teilte am Dienstag weiter mit, es werde erwartet, dass die knapp Hundert aus Seenot geretteten Migranten noch in der Nacht an Land gebracht werden. Das spanische Schiff ankert seit 19 Tagen vor der Insel.

Die sizilianische Justiz leitete aufgrund einer Anzeige der spanischen Hilfsorganisation "Proactiva Open Arms", die das Schiff betreibt, eine Untersuchung in Zusammenhang mit der "Open Arms" ein, die seit Tagen vor Lampedusa darauf wartet, in den dortigen Hafen einlaufen und die im Mittelmeer aufgenommenen Migranten absetzen zu können.

Salvini rechnet mit Klage

Italiens Innenminister Matteo Salvini reagierte empört auf den Gerichtsbeschluss und beklagte eine Strategie, um die Häfen seines Landes wieder zu öffnen. Er erwarte sich eine Klage wegen Amtsmissbrauchs, weil er – wie schon in früheren Fällen von Rettungsschiffen – eine Genehmigung für ein Einlaufen der "Open Arms" verweigerte.

Der sizilianische Staatsanwalt Luigi Patronaggio hatte am Dienstag von einer "explosiven Situation" an Bord des Schiffes gesprochen, das seit 19 Tagen auf einen Landungshafen wartete. Es sei wichtig, die Sicherheit aller Personen an Bord des Schiffes zu garantieren. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, bezeichnete die "Open Arms" als "schwimmendes Konzentrationslager".

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen meldete unterdessen den Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der libyschen Küste. "Wir haben alle Gründe das Schlimmste zu fürchten – dass über Hundert Leben verloren wurden und niemand es je genau wissen wird", twitterte die Organisation.

Spaniens "angemessene Lösung"

Die spanische Regierung hatte zuvor angekündigt ein Marineschiff zum vor der italienischen Insel Lampedusa liegenden Rettungsschiff Open Arms zu schicken. "Die Audaz wird heute um 17 Uhr ablegen und dann drei Tage nach Lampedusa fahren", erklärte die Regierung in Madrid. Die Regierung in Madrid hielt dies für die "angemessenste Lösung", hieß es. Sie hatte der Open Arms nach einer wochenlangen Weigerung Italiens, die Migranten an Land zu lassen, am Montag die nächstgelegenen spanischen Hafen angeboten. Das sind Menorca oder Mallorca. Jedoch sah sich die NGO nicht in der Lage, in der prekären Lage an Bord allein noch tagelang quer über das Mittelmeer zu fahren.

Lage eskalierte zunehmend

Am Dienstagvormittag haben sich neun Menschen vom Rettungsschiff Open Arms ins Meer gestürzt, um an Land zu schwimmen. Am frühen Morgen war bereits ein Mann von Bord des vor der süditalienischen Insel Lampedusa blockierten Schiffs gesprungen – in der Hoffnung, die italienische Küste zu erreichen.

Ein Video der Open Arms zeigt, wie ein Boot der italienischen Küstenwache versucht, die Migranten aus dem Wasser zu holen. Ein Mann, der von der Küstenwache gerettet wurde, weigerte sich, an Bord des Schiffes zurückzukehren. Wegen seines vehementen Protests wurde er nach Lampedusa gebracht, berichteten italienische Medien.

Bereits am Sonntag waren vier Menschen ins Meer gesprungen, um zu versuchen, nach Lampedusa zu schwimmen. Sie waren von Mitgliedern der Crew wieder an Bord gebracht worden.

Am späten Montagabend konnten neun Gerettete die Open Arms aus Gesundheitsgründen verlassen. Bei einer Person bestehe Verdacht auf Krätze, weitere zwei wurden zu Kontrollen ins Spital von Lampedusa eingeliefert, berichteten italienische Medien am Dienstag. An Bord des Schiffes verblieben somit 99 Gerettete.

"Wasser und Lebensmittel sind rationiert ... Die Situation ähnelt der einer libyschen Strafanstalt, aber in italienischen Hoheitsgewässern", erklärte Oscar Camps, Gründer der NGO Open Arms, in der Nacht.

Im Streit um das Schiff hatte die spanische Regierung Italiens Innenminister Matteo Salvini scharf kritisiert. Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte am Montagabend, Salvinis Vorgehen sei "eine Schande für die gesamte Menschheit". Der Lega-Vorsitzende verfolge ausschließlich wahltaktische Ziele.

Italiens Regierungskrise

Salvini hatte kürzlich die Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung aufgekündigt. Er strebt angesichts guter Umfragewerte der Lega Neuwahlen an. Regierungschef Giuseppe Conte wird sich am Dienstagnachmittag vor dem Senat in Rom zur politischen Krise äußern. (red, APA, 20.8.2019)