Computertomografie des Bauchs der 17-jährigen Inderin, in der sich der "Fötus" entwickelte.

Foto: BMJ Case Rep. 2019 Aug 12

Neu-Delhi – Eine 17-jährige Inderin hat ihr Leben lang einen deformierten toten Fötus in sich getragen. Dabei handelte es sich um ihren eigenen Zwilling, wie Ärzte im Fachblatt "British Medical Case Reports" berichten. Die Gewebemasse im Bauch der Jugendlichen war demnach 30 Zentimeter lang und 16 Zentimeter breit, sie enthielt auch Haare, Knochen und Zähne.

Einen solchen Fall hätten Ärzte weltweit noch nie bei einer erwachsenen Frau festgestellt, schreibt das Team um den Chirurgen Anil Kumar in der Stadt Patna. Vor der Diagnose litt die Jugendliche unter Schmerzen, ihr Bauch war über fünf Jahre lang angeschwollen. Die Ärzte in Patna entfernten ihr nach einer Untersuchung den "Fötus".

Ursache unklar

Im medizinischen Fachjargon sprechen Ärzte von "Foetus in foeto" oder fetaler Inklusion: Bei dem Phänomen, das bei einer von 500.000 Lebendgeburten vorkommt, wird im Körper eines Zwillings ein deformierter Fötus gefunden. Meistens passiert das schon im Kindesalter. Bei Menschen im Alter über 15 Jahren waren dem Artikel zufolge vorher nur sieben Fälle dokumentiert, alle betrafen Männer. Der älteste Patient war demnach 47 Jahre alt.

Warum die im überlebenden Zwilling noch erhaltenen embryonalen pluripotenten Stammzellen beginnen, sich zu vermehren und auszudifferenzieren, ist bislang unklar. Der jungen Frau aus Indien geht es den Ärzten zufolge zwei Jahre nach dem Entfernen ihres fehlentwickelten Zwillings gut. "Ich war besorgt über den Klumpen in meinem Unterleib", wird sie zitiert. "Aber nach der Operation fühle ich mich sehr gut, mein Bauch ist jetzt flach, und auch meine Eltern sind sehr glücklich." (APA, dpa, red, 20.8.2019)