Ed Mejia steht in der riesigen Produktionshalle; der Lärm ist ohrenbetäubend. Der Schichtführer der Abteilung Tiefdruck streicht vorsichtig über einen nach Farbe duftenden Bogen frischer 20-Dollar-Noten: "Egal, wo ich einkaufe, überall sehe ich meine Arbeit. Das ist ein fantastisches Gefühl!"

Die Augen des sportlichen Mittfünfzigers leuchten. "Jetzt zeige ich Ihnen, wie wir Fehldrucke rausfischen!" Mit einem Edding malt er Andrew Jackson, dem siebten Präsidenten der Vereinigten Staaten und Sklavenhalter, einen Vollbart. Sofort schlägt die Maschine Alarm.

Wem Benjamin Franklin entgegenblickt, der kann sich etwas Schönes kaufen. Der Drucker und Staatsmann ziert die 100-Dollar-Note.
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Mejias Arbeitsplatz ist das Bureau of Engraving and Printing (BEP), so der offizielle Name der US-amerikanischen Notendruckerei. Die Geldfabrik der Vereinigten Staaten befindet sich in unmittelbarer Nähe von Weißem Haus und Holocaust-Museum.

Noten im Wert von 560 Millionen Dollar rollen hier täglich vom Band. Der Eingang mit der neoklassizistischen Kalksteinfassade gleicht einer Festung. Über drei Straßenblocks erstreckt sich der gewaltige Gebäudekomplex. Sieben Stockwerke, davon zwei unterirdisch, umfasst das Stahlbeton-Bauwerk.

Panzerverglasung

Während Donald Trump versucht, den Dollar schwachzureden, weil eine starke Währung seine Handelspolitik konterkariert, tut man hier alles für seine Stabilität und Sicherheit: Bewaffnete Wachleute scannen jede Tasche.

Hier kommt nur rein, wer für eine Führung angemeldet ist, das sind rund eine Million Touristen jährlich. Sie werden oberhalb der Produktionshallen abgeschirmt und in einem panzerverglasten Gang durch die Druckerei geschleust. Doch wir haben eine Ausnahmegenehmigung bekommen und dürfen in der abgeschirmten Zone mit den Mitarbeitern plaudern.

An der Schneidemaschine für Dollarnoten.
Foto: Anja Steinbuch + Michael Marek

Wir sind mit Lydia Washington verabredet. Die Mittvierzigerin öffnet uns per digitale Schlüsselkarte die erste Sicherheitsschleuse. Hinter einem stählernen, schweren Drehkreuz und mehreren Türen beginnt der Produktionsbereich. Eine überdimensionale Uhr ist mit Dollarnoten geschmückt.

Eng, stickig und patriotisch

Und George Washington, der erste Präsident der Vereinigten Staaten, blickt streng vom Dollar in Posterformat an der Wand. Klimaanlage und Ventilatoren surren, die zehn Meter langen und zwei Meter hohen Druckmaschinen laufen auf Hochtouren. Doch kein Laut davon dringt nach draußen.

Paletten mit Druckbögen stehen herum, dazwischen arbeiten Drucker und Maschineningenieure. Einige stehen in blauen Overalls herum, andere in Muskelshirts. Es ist eng, stickig und patriotisch: Überall ist der Sternenbanner zu sehen. Digitalisierung oder Roboter? Fehlanzeige! Hier sind Handwerker gefragt. Es rumpelt, riecht nach Druckerfarbe und Maschinenöl. An einigen Stellen des Fußbodens haben sich kleine grüne Farblachen gebildet. Hier ist der umgangssprachlich "Greenback" genannte US-Dollar zu Hause.

Mödlinger Dollar

America first, so wie Donald Trump es gebetsmühlenartig proklamiert, ist hier nicht Gesetz. Das Herzstück der Produktion stammt aus Mödling bei Wien: eine Offset-Maschine der österreichischen Firma KBA. Ein Meter lange Papierbögen zischen mit einer Geschwindigkeit von 9.000 bis 10.000 Bögen pro Stunde über die Walzen.

Aus jedem Bogen werden später 32 Dollar-Noten. Sie und die anderen Hochgeschwindigkeitspressen rotieren montags bis freitags 24 Stunden lang. "2003 kam diese Drucktechnik erstmals zum Einsatz", erklärt Drucker James Sutherland. "Damals waren es nur die Zwanziger. Inzwischen drucken wir alle Noten bis fünfzig Dollar." Ein Jahr im Voraus gibt die Zentralbank ihre Bestellung an das BEP.

Wenn man den richtigen Knopf drückt, kommen hinten Geldbündel raus.
Foto: Anja Steinbuch + Michael Marek

1,67 Billionen Dollar sind derzeit weltweit im Umlauf. Laut Federal Reserve kursiert davon nur ein Drittel im eigenen Land. Jede dritte gedruckte Note ist der Ein-Dollar-Schein mit dem Porträt von George Washington. Der wacht auf der Vorderseite, die Rückseite zeigt den Wappen-Adler und eine Pyramide, an deren Spitze das sogenannte "Auge der Vorsehung" dargestellt ist – ein Symbol, das auch von den Freimaurern benutzt wird.

Siegel und Nummer

Am 29. August 1862 wurde die Behörde gegründet. Damals arbeiteten vier Frauen und zwei Männer für das Bureau of Engraving and Printing. Ihre Aufgabe: die von privaten Druckereien hergestellten Ein- und Zwei-Dollar-Noten mit Siegeln und Nummern zu versehen.

500 Millionen Dollar kommen täglich aus der US-Notendruckerei.
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Doch seit 1877 werden nur hier in Washington und einer kleinen Außenstelle alle Dollar-Noten der USA gedruckt – als Bundesbehörde der Federal Reserve, wie BEP-Mitarbeiter Frank Noll erklärt: "Die historische Leistung der Federal Reserve bestand darin, die verschiedenen Währungen, die es bis 1862 in den USA gab, auf eine einzige zu beschränken."

Jeans als Rohstoff

Uramerikanisch ist auch das Ausgangsmaterial der Scheine: gebrauchte Blue Jeans. Gewaschen, geschreddert, gebleicht – daraus stellt das Familienunternehmen Crane in Massachusetts für die Notendruckerei den Rohstoff her, der später zu Geld wird.

Während Australien, Neuseeland und Kanada auf Kunststoffgeldnoten umgestellt haben, was die Haltbarkeit erhöhen soll, ist der Dollar alles andere als eine harte Währung, wenn es um die Papierqualität geht: US-Dollar-Noten bestehen zu 75 Prozent aus Baumwolle und zu 25 Prozent aus Leinen. Dafür sind die Produktionskosten geringer.

Sechs Jahre Haltbarkeit

Rund sechs Jahre ist eine Dollar-Note heute durchschnittlich im Umlauf, danach ist sie abgenutzt und wird in der Bundesdruckerei ausgetauscht und vernichtet. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden verschmutzte Dollar-Noten gewaschen und gebügelt, um sie anschließend wieder in den Geldverkehr zu bringen.

In der Produktionshalle kontrollieren James Sutherland und Abteilungsleiter Ed Mejia die Druckqualität der "frischen" Noten. Dafür wird jeder Bogen von Digitalkameras nach Fehlern gescannt. Nur zwei Prozent der Noten sind fehlerhaft, erklärt der Abteilungsleiter mit strahlenden Augen.

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Gedruckt wird auf Spezialpapier.
Foto: REUTERS/Gary Cameron

Und: In der Druckerei werde mit dem Spezialpapier sparsam umgegangen. Ist ein Teil eines Bogens als Fehldruck identifiziert, wird nur diese Partie geschreddert, nie der ganze Bogen. Trotzdem geraten manchmal Dollar mit kleinen Fehlern in Umlauf. "Die werden auf Sammlerbörsen und im Internet mit Gold aufgewogen", so Druckexperte Mejia.

Tiefdruckverfahren

Für die nächste Phase der Geldwerdung schiebt Kollege Sutherland die etwa ein Meter hohen quadratischen Dollar-Stapel in einen Tresorraum zum Trocknen. Anschließend kommen die Dollar-Noten ins Tiefdruckverfahren für Gravuren und weitere haptische Details. Michael Dumarasky arbeitet seit 24 Jahren für das Bureau of Engraving and Printing.

Er überprüft mithilfe eines Speziallesegeräts die Qualität des Tiefdruckverfahrens und der Sicherheitsmerkmale. Vor unseren Augen erhält jeder einzelne Schein eine fortlaufende Seriennummer und die Siegel von Bundesdruckerei und Zentralbank. Nur zwei Frauen war es bisher vorbehalten, als Motiv den Greenback zu zieren: der Präsidentengattin Martha Washington und der Indigenen Pocahontas.

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Abraham Lincoln blickt streng von der Fünf-Dollar-Note.
Foto: REUTERS/Gary Cameron

Beide Noten werden seit über 100 Jahren nicht mehr gedruckt. Am Ende der Tour gibt es eine aktuelle 100-Dollar-Note, allerdings geschreddert in winzige Schnipsel. Die so zerstörten Noten werden im Ausstellungsshop abgewogen verkauft. Preis: 45 Dollar für einen Fünf-Pfund-Sack (rund 2,3 Kilogramm) – hier herrscht eine ähnlich hohe Inflation wie in Venezuela.

Am Ausgang des Bureau of Engraving and Printing blickt George Washington die Besucher streng von einer riesigen Ein-Dollar-Note an. Auch auf den regulären Scheinen wacht der erste Präsident der Vereinigten Staaten 220 Jahre nach seinem Tod über Volk und Land. Je mehr davon gedruckt werden, desto gründlicher. (Anja Steinbuch, Michael Marek, RONDO, 23.8.2019)