Ein Leben lang zusammenbleiben: In welcher Schule lernt man das?

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Gute Freunde von mir feiern diese Woche ihren 20. Hochzeitstag. Beide sind knapp über 40, in New York und Berlin genauso zu Hause wie in Wien, also immer noch junge, moderne Leute. Da fragt man sich natürlich unter Schockstarre: 20. Hochzeitstag – wie geht das?!

In Zeiten von "Wisch und weg" gelten ja bereits fünf Jahre als reife Leistung. Und wenn man sich die Langzeitpaare in seinem Umfeld ansieht: Menschen, von denen man glaubt, dass diese nach Ablauf der Verliebtheits- und Projektionsphase immer noch glücklich miteinander sind. Dann bleiben in meinem Fall – Pardon, ihr hoffnungslosen Romantiker – genau zwei. Zwei Paare, denen man gerne dabei zusieht, wie sie Paar sind, Liebende, Kämpfende, Familie, beste Freunde.

In welcher Schule lernt man das? Was können diese Dauerläufer, was wir nicht kapiert haben? Klar, Vorlieben und Lebensmodelle sind verschieden – aber es scheint doch einige Parameter für das Gelingen der Langstrecke zu geben.

Der Inhalt zählt

Man ist komplett hingerissen von den Beinen, dem Silberblick oder den Locken des anderen? Laut meinen Beobachtungen: ein ganz schwerer Fehler, daraus lebenslänglich zu machen. Für das nachhaltige Happy End müssen zwei mindestens eine gemeinsame Leidenschaft pflegen – nichts Weltbewegendes wie die Welt zu retten, sondern etwas Handfestes. Zum Beispiel das Sammeln von blauen japanischen Krakelee-Vasen. Oder das Tragen von Vintagekleidung aus den 30er-Jahren. Also, beim nächsten Kandidaten besser auch auf die Inhalte achten.

Ach ja, und dann wäre da noch der richtige Zeitpunkt: Offensichtlich funktionieren Beziehungen am besten, wenn zwei Menschen beim Kennenlernen entweder noch alles vor sich oder bereits alles hinter sich haben.

Die Erfahrung zeigt: Mitten auf der Autobahn des Lebens rechts ranzufahren scheint zumindest problematisch zu sein. Beide haben bereits zu viele Marotten, sind aber noch nicht bescheiden genug, um die Blumen in all dem Unkraut zu sehen.

Weil's wurscht ist

"Was wäre dein Rat?", frage ich dann auch noch die Jubilarin selbst. Heimlich rechnete ich mit den üblichen Kalendersprüchen. "Man muss hart daran arbeiten." – "Eine Date-Night in der Woche, wo wir so tun, als wäre es das erste Mal."

Aber nein. Meine Freundin, die an diesem Tag ihren 20. Hochzeitstag beging, meinte nur ganz gelassen: "In den großen Dingen muss man auf Linie sein. Ob der andere den Scheitel links oder rechts, einen blauen oder grünen Pullover trägt, muss einem hingegen komplett egal sein." (Ela Angerer, RONDO, 3.9.2019)