Die Nordhalbkugel ist im Wandel.
Foto: NASA

Berlin – Der Klimawandel wird auf der Nordhalbkugel in gewissem Sinne zu mehr Beständigkeit führen – zu diesem paradox klingenden Ergebnis kommt eine Studie der Humboldt-Universität (HU) und des Climate Analytics Instituts in Berlin, die in der Fachzeitschrift "Nature Climate Change" veröffentlicht wurde. Konkret heißt das: Hitzewellen ebenso wie Perioden starker Regenfälle werden in Hinkunft jeweils etwas länger anhalten als bisher.

Das Wetter hält länger an

Der Grund: Durch die Erderwärmung verlangsamen sich die großräumigen Luftströmungen wie der Jetstream im Sommer. "Durch die Verlangsamung der Zirkulation werden Wetterregime beständiger und damit auch Hitzewellen oder Starkregen", erklärt Co-Autor Dim Coumou von der Vrije Universiteit Amsterdam.

Der Studie zufolge erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Hitzeperioden, die länger als zwei Wochen dauern, um vier Prozent gegenüber heute. Dies gelte insbesondere für Teile Nordamerikas, Zentraleuropa und den Norden Asiens. An der amerikanischen Ostküste erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit sogar um 20 Prozent. Starkregenperioden würden im Vergleich zu heute um 26 Prozent zunehmen.

"Dringender Handlungsbedarf"

Für ihre Studie gingen die Wissenschafter um Peter Pfleiderer von der Humboldt-Universität von einer Erderwärmung von zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter aus. Erstmals haben sie untersucht, ob die heißen Tage bei einer Erderwärmung um zwei Grad gebündelt auftreten werden. "Extreme Witterungsbedingungen würden anhaltender – heiße und trockene Perioden sowie aufeinanderfolgende Tage mit starken Regenfällen würden länger werden", sagt Pfleiderer.

Solche Wetterextreme können verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Landwirtschaft, die Biodiversität und selbst das Wirtschaftswachstum haben. So kam es laut HU etwa während der Hitzewelle 2018 in Deutschland zu 15 Prozent Einbußen bei der Weizenernte.

"Mit zunehmender Erwärmung müssen wir mit immer stärkeren Auswirkungen durch extreme Wetterverhältnisse rechnen", warnt Carl-Friedrich Schleussner von Climate Analytics. In Anbetracht der Tatsache, dass die Welt derzeit auf eine Erwärmung von drei Grad zusteuere, unterstreiche die Studie den "dringenden Handlungsbedarf".

Das (illusorische?) 1,5-Grad-Ziel

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde das Ziel festgeschrieben, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, wenn möglich auf 1,5 Grad. Die Forschungsergebnisse zeigten, dass die Risiken bei einer Begrenzung auf 1,5 Grad "beträchtlich reduziert" würden, so Schleussner.

Aus Sicht vieler Wissenschaftler ist das 1,5-Grad-Ziel aber nicht mehr zu schaffen. In den vergangenen zwei Jahren erreichten die CO2-Emissionen neue Rekordwerte, die 2019 voraussichtlich noch übertroffen werden. (APA, red, 21. 8. 2019)