Schöner wohnen in der Antarktis: die Containersiedlung der Kohnen-Station reicht für bis zu 20 Bewohner.
Foto: S. Kipfstuhl / AWI

Im Königin-Maud-Land des antarktischen Kontinents steht seit 2001 die Kohnen-Station, eine Containersiedlung für deutsche Polarforscher. Zu deren Aufgabengebieten gehören unter anderem Eisbohrungen, um aus den gewonnenen Bohrkernen das Klima während der vergangenen Jahrtausende rekonstruieren zu können. Allerdings können die Wissenschafter dort auch Erkenntnisse gewinnen, die für die Astronomie relevant sind, wie die Technische Universität München (TUM) berichtet.

So hat ein Forschungsteam dort erstmals Eisen-60 im antarktischen Schnee gefunden. Für dieses Isotop gibt es keine natürlichen irdischen Quellen, es entsteht ausschließlich bei Supernova-Explosionen oder Reaktionen der kosmischen Strahlung mit dem kosmischen Staub. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass dieser Sternenstaub aus unserer kosmischen Nachbarschaft stammt.

Eine Ladung Schnee geht um die Welt

Den ersten Nachweis für Eisen-60 auf der Erde erbrachte ein Forschungsteam der TUM vor 20 Jahren in Tiefseeablagerungen. Der Physiker Gunther Korschinek, der diesem Team angehörte, vermutete auch im unberührten antarktischen Schnee Spuren von Sternenexplosionen. Um diese Annahme zu überprüfen, sammelte Sepp Kipfstuhl vom Alfred-Wegener-Institut an der Kohnen-Station 500 Kilogramm Schnee und ließ diesen zur Untersuchung nach München transportieren.

Dort schmolz ein Team der TUM den Schnee und trennte das Schneewasser von den festen Bestandteilen. Diese wurden am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf mit verschiedenen chemischen Methoden bearbeitet, sodass das für die spätere Analyse benötigte Eisen im Milligrammbereich vorlag und die Proben zurück nach München gebracht werden konnten.

Im Beschleunigerlabor in Garching bei München fanden Korschinek und sein Kollege Dominik Koll fünf Eisen-60-Atome in den Proben. "Nach unseren Untersuchungen konnten wir ausschließen, dass das Eisen-60 von kosmischer Strahlung, Atomwaffentests oder Reaktorunfällen herrührt", sagt Koll. "Da es keine natürlichen Quellen für dieses radioaktive Isotop auf der Erde gibt, war uns klar, dass das Eisen-60 aus einer Supernova stammen muss."

Die Wolke, in der wir uns aktuell befinden

Das Forschungsteam konnte relativ genau festlegen, wann das Eisen-60 auf die Erde gerieselt ist: Die untersuchte Schneeschicht war nicht älter als 20 Jahre. Auch schien das gefundene Eisen-Isotop von nicht allzu weit entfernten Sternenexplosionen herzurühren, da sich der Sternenstaub sonst zu stark im Universum verdünnt hätte. Koll geht daher davon aus, dass das Eisen-60 im antarktischen Schnee aus der interstellaren Nachbarschaft stammt – etwa aus einer Ansammlung von Gaswolken, in deren Bereich sich unser Sonnensystem derzeit befindet.

"Unser Sonnensystem ist vor etwa 40.000 Jahren in eine dieser Wolken eingetreten und wird sie in einigen tausend Jahren wieder verlassen", sagt Korschinek. "Sollte die Gaswolken-Hypothese stimmen, würde Material aus Eisbohrkernen, das älter als 40.000 Jahre ist, kein interstellares Eisen-60 enthalten. Damit könnten wir den Übergang des Sonnensystems in die Gaswolke nachweisen – das wäre eine wegweisende Erkenntnis für Forscherinnen und Forscher, die sich mit der Umgebung des Sonnensystems beschäftigen." (red, 22. 8. 2019)