DER STANDARD stellt im Vorfeld der Nationalratswahl allen sechs Parteien mit realen Chancen auf einen Parlamentseinzug vier Fragen aus einem sachpolitischen Bereich. Den Anfang macht das, wofür Österreich in aller Welt bewundert wird: die Kultur. Wie stehen die Parteien zur öffentlichen Förderung von Museen, Theatern und Kulturinitiativen? Welche Einrichtungen würden mehr Zuwendung vertragen? Und wie viel Eintrittsgeld ist dem Publikum zumutbar?

Foto: Andrew Phelps

Das Kulturbudget des Bundes stagniert bei 454,3 Millionen Euro (0,6 Prozent des Gesamtbudgets). Soll es angehoben werden?

ÖVP

Der letzten Regierung war es ein zentrales Anliegen, das Kulturbudget für die Jahre 2018/2019 zu erhöhen, was wir auch erreicht haben. Wir wollen Österreichs Renommee als Kunst- und Kulturnation weiter ausbauen und langfristig absichern, es braucht Innovation wie Planungssicherheit.

SPÖ

Viele Kulturinstitutionen kämpfen mit stagnierenden Budgets. Durch die Inflation und steigende Personalkosten steht real weniger Geld zur Verfügung. Wir wollen die Förderungen in allen Kunstbereichen valorisieren. Ein Schwerpunkt muss soziale Absicherung von KünstlerInnen sein.

FPÖ

Wir stehen für die gezielte Unterstützung in den unterschiedlichen Kulturbereichen. Ein Förderungswesen nach dem Gießkannenprinzip ist nicht sinnvoll. Insbesondere liegt uns der Erhalt der traditionellen Volkskultur am Herzen. Jugendkulturarbeit im Nachwuchsbereich ist wichtig.

Grüne

Das Kulturbudget des Bundes muss selbstverständlich erhöht werden. Schwerpunkte würden die Grünen bei zeitgenössischer Kunst setzen. Für die Sanierung der Bundeseinrichtungen, aber auch der Festspielhäuser Salzburg und Bregenz muss es ein eigenes Konjunkturpaket geben.

Neos

Wir würden das Kulturbudget auf alle Fälle jährlich um die Inflationsrate erhöhen, damit die Bundesförderungen jedes Jahr valorisiert werden können. Unseren Schwerpunkt bei der Förderung würden wir weg von der konkreten Werk- hin zu einer Infrastrukturförderung legen.

Liste Jetzt

Seit Jahren stagnieren die Kulturbudgets und werden im Verhältnis zu den Gesamtausgaben immer geringer. Das geht vor allem auf Kosten der vielen kleineren Initiativen. Es wäre etwa in den Museen längst überfällig, die Gehaltsschere durch einen Kollektivvertrag zu bremsen.

Foto: APA

Der Museumsbund will eine Jahreskarte für Museen in ganz Österreich, wie es sie in anderen Ländern gibt. Ist das sinnvoll?

ÖVP

Mit der Bundesmuseen-Card, die von der letzten Regierung eingeführt wurde, kann man um 59 Euro alle Bundesmuseen einmal besuchen und spart dabei 44 Prozent im Vergleich zu einzelnen Tagestickets. Je nachdem, wie das angenommen wird, kann man das Angebot künftig erweitern.

SPÖ

Museen finanzieren sich durch Steuern, deshalb soll der Zugang erleichtert werden. Wir setzen uns für einen freien Museumssonntag ein, sind aber zu mehreren Modellen gesprächsbereit: freier Eintritt in die Dauerausstellungen wie in London oder eine bundesweite Museumskarte.

FPÖ

Uns Freiheitlichen ist es wichtig, den Zugang zu den Kunst- und Kulturinstitutionen zu einem attraktiven Preis zu ermöglichen, ohne dabei die erfolgreichen bestehenden Jahreskarten der einzelnen Kultureinrichtungen zu konterkarieren.

Grüne

Die Grünen würden eine österreichweite Museumskarte sehr begrüßen. Hier kann es auch gestaffelte Tarife geben, die nach sozialen Kriterien bemessen werden. Die Bundesmuseen wären diejenigen, die damit beginnen sollten. Eine Lösung müsste man bei der Verteilung der Erlöse finden.

Neos

Wir sind gegen eine gemeinsame Jahreskarte für die Museen, solange die Finanzierung nicht geklärt wurde.

Liste Jetzt

Unsere Anträge für eine Jahreskarte für alle Bundesmuseen wurden von ÖVP, FPÖ und Neos zu allen Zeiten abgelehnt. In anderen Städten ist das längst Standard: in Berlin (50 Euro), in Frankfurt (34 Museen, 85 Euro) oder sogar in der gesamten Schweiz (rund 500 Museen, 138 Euro).

Foto: Herta Hurnaus

Wie stehen Sie zu Haus der Geschichte und Fotomuseum, Volkskundemuseum und Staatsarchiv, die mehr Geld brauchen?

ÖVP

Die Situation beim Haus der Geschichte ist unzufriedenstellend, daher evaluieren Experten. Für ein Fotomuseum in Salzburg wird eine Machbarkeitsstudie erstellt. Über das Volkskundemuseum soll breit diskutiert werden, das Staatsarchiv wird Thema, sobald es die neue Leitung gibt.

SPÖ

Das Haus der Geschichte soll ein eigenständiges Bundesmuseum werden, mittelfristig mit einem Neubau. Beim Fotomuseum sollten sichalle interessierten Länder mit Konzepten bewerben. Ein solches braucht auch das Volkskundemuseum. Das Staatsarchiv muss nachhaltig finanziert werden.

FPÖ

Österreich ist eine starke Kulturnation, und das soll auch in Zukunft so bleiben. Es wird nötig sein, eine übergreifende Kunst- und Kulturstrategie zu entwerfen, die allen Institutionen Rechnung trägt. Beim Haus der Geschichte begrüßen wir eine Anbindung an das Parlament.

Grüne

Das Haus der Geschichte soll keinesfalls ins Parlament integriert werden. Es braucht ein weniger zentralistisches Konzept mit Neubau unter starker Einbeziehung der Landesmuseen. Das Volkskundemuseum und das Staatsarchiv müssen restrukturiert und ausreichend dotiert werden.

Neos

Wir Neos stehen für ein unabhängiges Haus der Geschichte, das ein eigenständiges Bundesmuseum wird und ein dementsprechendes Budget erhält. Auch das Staatsarchiv braucht eine Erhöhung seiner Mittel, damit es seinen Kernaufgaben bestmöglich nachgehen kann.

Liste Jetzt

Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die das Haus der Geschichte aus der tagespolitischen Einflussnahme befreit, ist die wissenschaftliche Unabhängigkeit der Institution nicht gewährleistet. Beim Thema Fotomuseum folgen wir dem Expertenvorschlag eines Foto-Thinktanks.

Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum

Deutschland und Frankreich treiben die Rückgabe von Kulturgütern aus der Kolonialzeit voran. Soll Österreich mitziehen?

ÖVP

Selbstverständlich ist es Aufgabe der Bundesmuseen, sich mit der Herkunft der Objekte auseinanderzusetzen. Im Rahmen eines Workshops im Weltmuseum, den wir auf den Weg gebracht haben, sollen die Problemstellungen konkretisiert werden. Das ist ein erster wichtiger Schritt.

SPÖ

Auch wenn Österreich keine mit Deutschland oder Frankreich vergleichbare koloniale Vergangenheit hat, gibt es auch hier eine historische Verantwortung. In einem ersten Schritt fordern wir eine umfassende Studie, welche Bestände betroffen wären und an wen Rückgaben erfolgen könnten.

FPÖ

Österreich hat keine mit Frankreich oder Deutschland vergleichbare Kolonialgeschichte, weshalb eine Diskussion über die mögliche Notwendigkeit der Rückgabe von Kulturgütern mit der Schaffung einer breiten Diskussionsgrundlage beginnen muss.

Grüne

Die Erforschung von Gütern aus kolonialen Zusammenhängen ist schwierig und beginnt auch in Frankreich und Deutschland erst zögerlich. Deswegen wäre es dringend notwendig, zusätzliche finanzielle Mittel für diese Provenienzforschung auch in Österreich zur Verfügung zu stellen.

Neos

Auf alle Fälle braucht es eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Kolonialgut, diese ist längst überfällig. Dafür braucht es den Diskurs auf Augenhöhe mit den ehemaligen Kolonien.

Liste Jetzt

Ja, Österreich muss sich dem widmen. Wir forderten immer wieder – parlamentarische Anfragen dazu sind im Internet abrufbar – die Rückgabe von Raubgütern aus der Kolonialzeit wie beispielsweise die Benin-Objekte. (Stefan Weiss, 22.8.2019)