Schwarz-Rot dominierte jahrzehntelang die Casinos Austria. Kaum hat die FPÖ die Erbpacht beendet, geht es wild zu in und rund um den teilstaatlichen Konzern. Nun wird auch der Aufsichtsratschef belastet, der die Vorwürfe zurückweist.

AFP / Martin Bureau

Wien – Der mutmaßliche Postenschacher in der Casinos Austria AG macht dem Unternehmen und der FPÖ schwer zu schaffen. Erst die Razzien bei FPÖ-Leuten und der Novomatic, die miteinander die Bestellung von Peter Sidlo zum Finanzchef der Casag ausgeschnapst haben sollen. Dann auch eine weitere anonyme Anzeige, in der die Abberufung des alten Casinos-Vorstands als strafrechtlich relevante Handlung gewürdigt wird.

Denn: Die Ablöse von Alexander Labak und Dietmar Hoscher hat die Casinos Austria viel Geld gekostet, weil sie vorzeitig ist. Nach STANDARD-Informationen stehen ihnen summa summarum fünf Millionen (Hoscher) und 2,5 Millionen Euro (Labak) zu. Und: Hoscher bleibt als angestellter Berater im Unternehmen – das wurde ihm vertraglich zugesichert. Ein Sprecher der Casinos Austria (Casag) hat die genannten Kosten am Mittwoch dementiert, die angeblich korrekten Zahlen aber "aus Datenschutzgründen" nicht genannt.

Wie auch immer: Das Unternehmen hat auch so genug Probleme. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat das Einlangen der Anzeige bestätigt. Der darin erhobene Vorwurf: Die wegen der vorzeitigen Abberufung entstandenen Mehrkosten stellten den Tatbestand der Untreue dar.

Der angesprochene Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner hat das vehement in Abrede gestellt. Die Abschlagszahlungen bewegten sich "völlig im Rahmen des in solchen Fällen Üblichen". Als Grund für die Auflösung der Verträge mit Labak und Hoscher nannte Rothensteiner "anhaltende Diskussionen".

Rothensteiner spricht von "divergierenden Meinungen"

Rothensteiner hat sich zur Bestellung Sidlos seit den Hausdurchsuchungen nicht öffentlich geäußert. Allerdings erfolgte am Mittwoch eine Information an den Aufsichtsrat der Casinos Austria, welche der "ZiB2" vorliegt. In dieser spricht der Präsident davon, dass die Bestellung Sidlos "nicht ganz konfliktfrei" vonstattengegangen sei und dass es im Vorfeld "divergierende Meinungen" gegeben habe. Rothensteiner äußert sich auch dazu, dass eine kritische Stellungnahme des Headhunters Egon Zehnder zu den Qualifikationen Sidlos nur dem Präsidium, nicht aber dem gesamten Aufsichtsrat vorgelegt wurde. Diese Vorgangsweise sei vom Aufsichtsrat selbst mit Mehrheit abgesegnet worden.

ORF

Von allfälligen politischen Abmachungen bei der Postenbesetzung habe er keine Kenntnis, erklärte Rothensteiner: "Was auf politischer Ebene ausgemacht wurde oder nicht, ist mir nicht bekannt." Rothensteiner sprach sich auch gegen eine Abberufung Sidlos aus, solange die Ermittlungen laufen. Sidlo verfüge über alle Qualifikationen eines Finanzvorstandes, so Rothensteiner.

In der Casag haben die Republik, die tschechische Sazka-Gruppe und Novomatic das Sagen. Die damaligen FPÖ-Granden Parteichef Heinz-Christian Strache, Klubobmann Johann Gudenus und Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs werden beschuldigt, die Bestellung Sidlos veranlasst zu haben. Novomatic habe dem Deal zugestimmt, weil der Glücksspielkonzern daraus Vorteile (Gaming- und Kasino-Lizenz) erwartet habe, heißt es sinngemäß im Hausdurchsuchungsbeschluss. Alle Genannten weisen die Vorwürfe entschieden zurück, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Blaue Selbstkritik

Allerdings machen die kolportierten Vorgänge selbst FPÖ-Urgesteine stutzig. Der Ex-EU-Abgeordnete Andreas Mölzer wirft seiner Partei in einem Gastkommentar für die "Kleine Zeitung" in Sachen Postenbesetzungen Doppelmoral und Dilettantismus vor. Die Freiheitlichen würden sich "bei ihrem Bestreben, den Proporz zur Hälfte auf Blau umzufärben, überaus ungeschickt" beziehungsweise "besonders patschert" anstellen, wie er es in der "ZiB2" formulierte. Vor allem wenn man jahrzehntelang gegen rot-schwarze Umfärbungen – welche diese perfektioniert hätten – gewettert habe, sei es nicht schlau sich nun auf ein ähnliches Spiel einzulassen, sagte er im ORF.

Parteichef Norbert Hofer meinte dazu, er habe Verständnis für die Aussagen Mölzers. Sein Wort habe für ihn hohes Gewicht, sagte Hofer und kündigte "organisatorische und personelle Weichenstellungen ohne Kompromisse" an. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 22.8.2019)