Nach seinem Besuch in Deutschland am Mittwoch wird Großbritanniens Premier Boris Johnson am Donnerstag in Paris erwartet.

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Paris – Nach seinem Antrittsbesuch bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel reist der britische Premierminister Boris Johnson weiter nach Frankreich. Staatschef Emmanuel Macron erwartet ihn am Donnerstag in Paris zu einem Mittagessen, teilte der Élysée-Palast vorab mit.

Bereits am Mittwoch hatte Macron Erläuterungen zu Johnsons Brexit-Plänen verlangt. Dessen Forderung nach einer Neuverhandlung des Brexit-Vertrags und insbesondere nach einem Verzicht auf die Vereinbarungen zur Gestaltung der Grenzkontrollen zwischen Irland und dem britischen Nordirland (Backstop) seien nicht umsetzbar, sagte Macron. Sollte es zu einem ungeregelten Austritt kommen, sei das auf die britische Regierung zurückzuführen und nicht auf die EU.

Macron warnte Johnson vor der Vorstellung, ein Handelsvertrag mit den USA könne Großbritannien vor wirtschaftlichen Einbrüchen schützen: "Können die Kosten für einen harten Brexit von den USA ausgeglichen werden? Nein!" Ein Mitarbeiter des französischen Präsidentenbüros hatte zuvor erklärt, Frankreich halte mittlerweile einen ungeregelten Brexit ohne Abkommen für wahrscheinlich.

Johnson gegen Backstop

Johnson hatte bereits am Mittwoch bei Merkel für ein Aufschnüren des Austrittsvertrags geworben. Er betonte in Berlin erneut: "Der Backstop weist große, große Mängel auf für ein souveränes, demokratisches Land wie das Vereinigte Königreich. Er muss einfach gestrichen werden." Auch Großbritannien wolle einen "verhandelten Austritt" und keinen ungeregelten.

Merkel wies darauf hin, dass der Backstop nur als Übergangsregel für die nicht endgültig gelöste Irland-Frage gedacht sei. Man sei bisher davon ausgegangen, eine endgültige Lösung in den nächsten zwei Jahren zu finden. "Aber man kann sie vielleicht ja auch in den nächsten 30 Tagen finden. Warum nicht? Dann sind wir ein ganzes Stück weiter." Sie deutete an, dass die Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland überflüssig würden und die Integrität des Binnenmarkts gewahrt werden könne, wenn klar sei, wie die künftige Beziehung zwischen Großbritannien und der EU aussehen wird. Doch das sei nur denkbar, wenn London sich für eine enge Partnerschaft mit der EU entscheidet. Genau das will Johnson aber unbedingt verhindern.

Einigkeit bei (Nicht-)Wiederaufnahme Russlands

Einig waren sich Johnson, Merkel und Macron beim Thema Russland und G7: Alle drei haben den Vorschlag von US-Präsident Donald Trump zurückgewiesen, Russland wieder in den Kreis der G7-Länder aufzunehmen. Russland sei 2014 aus bestimmten Gründen ausgeladen worden, sagte die deutsche Kanzlerin am Mittwoch, diese Gründe bestünden nach wie vor. Sollte Russland Schritte zur Umsetzung des Minsker Friedensabkommens zur Beilegung des Konflikts unternehmen, werde man die Lage neu bewerten.

Vor einer Rückkehr Russlands in den Kreis der wichtigsten westlichen Industrienationen müsse die Ukraine-Krise gelöst sein, sagte auch Macron. "Ich denke, eine Rückkehr Russlands ohne Konditionen wäre ein Zeichen der Schwäche der G7." Das wäre ein strategischer Fehler. Russland provoziere nicht nur in der Ukraine, "sondern an vielen Orten der Welt", sagte Johnson dazu. Es gebe noch keine Situation, in der man Russland wieder bei G7 aufnehmen könne.

Themen Atomdeal und konjunkturelle Anreize

Macron kündigte an, vor dem G7-Gipfel mit iranischen Vertretern über das Atomabkommen sprechen zu wollen. Der Iran müsse sich an die Vorgaben des Atomabkommens halten und jegliche Eskalation vermeiden, sagte Macron am Mittwoch vor Journalisten. Zugleich warnte er die USA davor, die Spannungen mit neuen Sanktionen gegen Teheran weiter anzuheizen. Macron soll noch am Freitag den iranischen Außenminister Mohammed Javad Zarif in Paris empfangen.

Macron schlug außerdem vor, dass die G7 beim Gipfel über konjunkturelle Anreize diskutieren. "Für Länder, die dazu die Fähigkeit haben, muss man die Frage nach der Richtigkeit von Haushaltsimpulsen stellen", sagte Macron am Mittwochabend. Das sei ein Thema "für Europa, für Frankreich ... für Deutschland und andere Länder". (APA, Reuters, red, 22.8.2019)