Die Kaliumjodid-Tabletten kommen vom steirischen Unternehmen Gerot Lannach.

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Nach einem AKW-Unfall reduziert die Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten das Risiko, später an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Wie die "Tagesschau" nun von WDR-Recherchen berichtet, bereitet sich Deutschland aktuell auf so einen Ernstfall vor. Beim Pharmakonzern Gerot Lannach in der Steiermark wurden 50 Millionen Packungen dieser Jodtabletten bestellt, wie im ORF Steiermark Anfang August zu lesen war.

Konkret hat das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz einen Auftrag über 190 Millionen Tabletten gegeben. Das ist fast die vierfache Menge des aktuell lagernden Bestands. Der Grund dafür sei eine Empfehlung der Strahlenschutzkommission, einem Beratungsgremium der Bundesregierung, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, der zufolge auch mit schweren Unfällen und ihren Auswirkungen gerechnet werden müsse.

Reaktoren in Nachbarländern

Auch jene Zonen, in denen Risikogruppen mit Jodtabletten versorgt werden müssen, wurden nach Fukushima ausgeweitet. Seither ist das gesamte deutsche Bundesgebiet eine solche Fernzone.

Obwohl Deutschland bis zum Jahr 2022 auch sein letztes Atomkraftwerk abschalten will, sind in den zahlreichen Nachbarländern weiterhin Reaktoren aktiv. Auch auf dortige Vorfälle wolle man vorbereitet sein, so der deutsche Strahlenbiologe und frühere Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Wolfgang Müller – zudem der Zustand vieler europäischer Atomkraftwerke mit dem Alter immer schlechter werde.

Die Kosten für die Tabletten liegen bei 8,4 Millionen Euro, so die "Tagesschau". Die Kosten übernimmt der Bund, für Lagerung und Verteilung sind die Länder zuständig.

Situation in Österreich

Auch Österreich hält für den Ernstfall Kaliumjodid-Tabletten für Risikogruppen wie Kinder, Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, Schwangere und Stillende auf Vorrat. Diese Personen können sich in Apotheken mit jeweils einer Packung pro Person kostenlos für die Heimbevorratung versorgen. Schulen und Kindergärten bevorraten die Tabletten für die von ihnen betreuten Kinder. Personen zwischen 18 und 40 Jahren können Kaliumjodid-Tabletten in Apotheken auf eigene Kosten rezeptfrei kaufen.

Über 40-jährigen wird im Ernstfall von einer Verwendung abgeraten, da ein sehr geringes Schilddrüsenkrebsrisiko, jedoch ein erhöhtes Risiko von Nebenwirkungen der Kaliumjodid-Tabletten besteht.

In Deutschland wie in Österreich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kaliumjodid-Tabletten im Katastrophenfall nur auf ausdrückliche Anordnung der Gesundheitsbehörden eingenommen werden dürfen. Die Einnahme ohne Gefahr einer Strahlenbelastung sei sinnlos und eventuell sogar schädlich. (red, 22.8.2019)