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Sicherheitskräfte patrouillieren am Freitag in Srinagar.

Foto: Reuters/DANISH ISMAIL

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Proteste im pakistanischen Peshawar am Freitag.

Foto: AP/Muhammad Sajjad

Immer noch herrscht in vielen Teilen Kaschmirs eine Ausgangssperre. Vor allem in der Stadt Srinagar war die Situation am Freitag wieder angespannt. Eine Gruppe von Separatisten hatte zu Protesten vor dem lokalen UN-Büro aufgerufen, auf den Straßen waren Paramilitärs und Blockaden zu sehen.

Seit Anfang August ist Srinagar der Hauptschauplatz von Protesten gegen die Entscheidung der indischen Regierung, die Autonomierechte der Region zu streichen. Der einzige indische Bundesstaat mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit wird auch von Pakistan beansprucht – die zwei Atommächte liegen sich seit mehr als 70 Jahren wegen Kaschmir in den Haaren und haben auch Kriege darüber geführt.

Vor dem Büro der UN Miltary Observer Group for India and Pakistan wollten sich die Demonstranten nach den Freitagsgebeten in Srinagar versammeln. Genau solche Proteste möchten die Behörden eigentlich unterbinden, indem sie Ausgangssperren, Internetsperren und Telefonsperren über weite Teile der Region verhängten. Obwohl die politische Führung mehrmals angekündigt hat, die Sperren "langsam" wieder aufzuheben, sind sie in vielen Teilen der Region immer noch aktiv. Bis zu 4.000 lokale Politiker sind weiter in Haft oder unter Hausarrest.

Mindestens 150 Verletzte

Über 150 Menschen sollen bisher bei Protesten durch Tränengas verletzt worden sein, das zeigen Daten der zwei größten Spitäler der Region im Himalaja. Ein lokaler Beamter sagte zu Reuters, dass die Zahl der Verletzten wohl um einiges höher ist.

Pakistans Premierminister Imran Khan hatte Indiens Politik in der Region in den vergangenen Tagen mehrfach scharf kritisiert. Auch am Freitag warnte er per Twitter vor "ethnischer Säuberung" und einem "Genozid" in Kaschmir. Indische Medien würden fälschlicherweise von Terroristen aus Afghanistan berichten, die nun angeblich Kaschmir infiltrierten, so der pakistanische Premier. Das sei bloß Strategie, um von den Menschenrechtsverletzungen der indischen Führung in Kaschmir abzulenken.

Pakistan, die schwächere Atommacht

Es kommt nicht von ungefähr, dass der pakistanische Premier mit Indien hart ins Gericht geht. Militärisch ist Pakistan Indien weit unterlegen, das Land ist auf internationale Unterstützung angewiesen. Pakistans größtes Asset gegenüber Indien: dass es auch eine Atommacht ist. Und genau dieses nukleare Säbelrasseln bringt Khan ins Rennen.

"Die Welt muss sich ernsthafte Gedanken über die Sicherheit des indischen Atomwaffenarsenals in den Händen der hindu-rassistischen Modi-Regierung machen", twitterte Khan vergangenen Sonntag.

Der indische Verteidigungsminister Rajnath Singh von der BJP hatte in der Woche zuvor damit aufhorchen lassen, dass Indien in Zukunft vielleicht seine Verpflichtung zu "No First Use" (NFU) überdenken werde. NFU ist ein Bekenntnis dazu, Atomwaffen nicht bei einem Erstschlag, sondern nur zu Verteidigungszwecken zu verwenden. Singh sagte das just bei einem Besuch des Atomtestgeländes von 1998 – als Indien und kurz darauf Pakistan Atomtests durchführten.

Die NFU-Atompolitik zu überdenken ist für die indische Regierungspartei BJP kein Novum. Im Wahlprogramm 2014 war genau das noch eine Forderung. Umgekehrt: Pakistan hat so ein Bekenntnis erst gar nie formuliert. Denn Pakistan hielt sich ob der militärischen Asymmetrie zu Indien immer alle Optionen offen.

Pakistan, dem über die Jahre die USA als Verbündete abhandengekommen sind, steht international recht isoliert da. Dem indischen Premier Narendra Modi wird dieser Tage von den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Ehrenmedaille überreicht – wo Pakistan doch gerade in der arabischen Welt Unterstützung erhoffen mag.

"Kaschmir wird zu News von gestern", schreiben manche Kommentatoren Kaschmir als internationales Thema schon ab, etwa die "Hindustan Times". Indien sei erfolgreich darin, den Konflikt als rein innenpolitische Angelegenheit zu etablieren. Dass dem nicht ganz so ist, zeigen diverse andere internationale Reaktionen. Auch beim G7-Gipfel, der ab Samstag in Biarritz in Frankreich stattfindet, soll Kaschmir zur Sprache kommen.

Macron pocht auf friedliche Lösung

Bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris am Donnerstag kommentierte Modi Kaschmir nicht. Macron forderte aber sehr wohl eine friedliche Lösung des Konflikts und fügte hinzu: Frankreich werde aufmerksam verfolgen, ob "Interessen und Rechte der Zivilbevölkerung in den Regionen auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie" eingehalten werden.

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Macron und Modi verstanden sich in Paris gut. Macron lud ihn zum G7-Gipfel ein.
Foto: AP/Pascal Rossignol

Auch US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, Kaschmir am Rande des G7-Gipfels anzusprechen. Trump hatte schon in den vergangenen Wochen wiederholt angeboten, in dem Konflikt zu vermitteln.

Obwohl Indien nicht offiziell zur G7-Gruppe gehört, ist Modi in den südfranzösischen Badeort eingeladen – Pakistans Premier Khan nicht. (saw, 23.8.2019)