Susanne Spitzer und Daniela Pinner arbeiten in der Tauglerei in St. Koloman. Die Einheimischen sind froh über die letzte Gaststätte im Ort – trotz vegetarischer Hausmannskost.

Foto: Stefanie Ruep

Susanne Spitzer bereitet im Café Tauglerei das Tagesgericht für die Gäste vor. Seit der Wirt gegenüber im März endgültig geschlossen hat, ist die Tauglerei das letzte gastronomische Angebot in der Gemeinde St. Koloman im Salzburger Tennengau. Das Café ist in das Gebäude des ehemaligen Kirchenwirts eingezogen, nach dem Hauptort Taugl benannt – und doch recht ungewöhnlich für eine Landgemeinde, denn Köchin und Betreiberin Spitzer serviert vegetarische und vegane Hausmannskost.

"Bisher ist erst ein Gast aufgestanden und gegangen, weil er entsetzt war, dass es vegetarisch ist", erzählt Spitzer mit einem Lächeln. Die Hemmschwelle bei vegetarischer Küche sei schon noch hoch. Beim Essen gebe es dementsprechend noch Luft nach oben, doch der Kaffeehausbetrieb laufe gut. "Die Leute sind glücklich und dankbar, besonders am Sonntag nach der Kirche. Da kommen dann 30 Leute auf einmal." Für die Kirchgeher hat die Taugelei auch eine Veggie-Ausnahme eingeführt: den Würstlsonntag. Doch der würde gar nicht so gut angenommen werden. "Die Leute trinken ein, zwei Bier oder Spritzer und gehen dann heim essen."

Die Tauglerei ist mehr als nur ein Café. Jeden Freitag können Besteller des sogenannten Tauglkörbchens ihre regionalen und saisonalen Lebensmittel aus der Umgebung abholen. Rund 20 Bauern aus der Region liefern die online bestellten Produkte in die Tauglerei. Im oberen Stock bietet das Ehepaar Sara und Patrick Sellier Ayurveda-Anwendungen an, der ehemalige Tanzsaal ist als Seminarraum buchbar, und hinter dem Café gibt es einen Coworking-Space. Selbstständige Städter richten manchmal auf Zeit ihren Arbeitsplatz in der 1.700-Einwohner-Gemeinde ein, um in Ruhe arbeiten zu können. So könne man ein Dorf mit der Stadt verbinden, sagt Mitarbeiterin Daniela Pinner, der gute Geist des Hauses. "Der Grundgedanke der Tauglerei ist, dass sie offen für alle ist und eine Gaststätte für jedermann."

Ältestes Haus vor Abriss gerettet

Auch in Seekirchen im Flauchgau stand der Hofwirt auf dem Ortsplatz gegenüber der Kirche jahrelang leer, weil sich kein Pächter finden ließ – bis die Gemeinde 2015 einen ungewöhnlichen Schritt setzte und das Haus um 550.000 Euro kaufte. "Es stand nicht im Vordergrund, ein Gasthaus zu kaufen, sondern das älteste Haus im Zentrum von Seekirchen zu erhalten", erklärt die ehemalige ÖVP Bürgermeisterin Monika Schwaiger.

Zunächst waren alle Gemeindefraktionen mit dem Vorgehen einverstanden, dann entwickelte sich der Erhalt des Hofwirts jedoch zum Politikum. Eine Partei wollte das Haus gar abreißen und zu einem Platz der Begegnung machen. "Die Kosten waren ein Thema. Es war uns bewusst, dass man die Sanierung nicht abschätzen kann", sagt Schwaiger. Der Hofwirt wurde 1437 erstmals schriftlich erwähnt, das äußere Erscheinungsbild des Hauses prägte das Ortsbild. Der Erhalt war auch den Seekirchnern ein Anliegen. "Die Leute sind aufgestanden und haben gesagt, meine Eltern haben dort geheiratet, ich will auch dort heiraten", schildert die ehemalige Bürgermeisterin. "Ein Wirtshaus ist sehr identitätsstiftend für einen Ort."

Wirtshausförderung

Bei einer Bürgerbefragung stimmten schließlich 68 Prozent für den Erhalt und gegen den Abriss. In fünf Jahren wurde die alte Bausubstanz des historischen Gebäudes generalsaniert. Die Gemeinde investierte 2,5 Millionen Euro. Im März 2019 hat schließlich der Salzburger Koch und Gastronom Daniel Mild den Hofwirt als Pächter übernommen und serviert wieder regionale Küche.

"Es ist ein Frequenzbringer und belebt den Ortsplatz. Die Leute sind dort, wo das Gasthaus ist", sagt die ehemalige Ortschefin. Rückblickend sei das Projekt eines der wichtigsten in ihrer zehnjährigen Amtszeit als Bürgermeisterin gewesen.

In Tirol will Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) den Dorfgasthäusern mit einer "Wirtshaus-Übernehmerförderung" unter die Arme greifen. Das Maßnahmenpaket gegen das Wirtshaussterben sieht einen Kostenzuschuss von 15 Prozent, ein Jungunternehmerdarlehen und eine Landesprämie von 10.000 Euro für das letzte Wirtshaus im Dorf vor.

Lösungskongress gegen die Landflucht

Vorzeigebeispiele gibt es nicht nur beim Thema Wirtshaussterben. Viele Gemeinden in ganz Österreich haben im Kampf gegen die Landflucht bereits Lösungen entwickelt. Diese werden beim Lösungskongress am 14. September im Salzburger Messezentrum vorgestellt. Ziel ist, die lebenswerte Gemeinde der Zukunft aufzubauen. Orte sollen voneinander lernen, was sie im Kleinen gegen große Probleme wie Landflucht oder den Klimawandel tun können. (Stefanie Ruep, 24.8.2019)