Bild nicht mehr verfügbar.

Die weltweite Gesamtpopulation des Nördlichen Breitmaulnashorns auf einen Blick: Najin (links) und ihre Tochter Fatu.
Foto: AP Photo/Ben Curtis

Eines ist sicher: Wenn die Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns letztendlich doch noch gelingen sollte, dann wird es als die Spezies in die Geschichte eingehen, die so nah am Rand des Aussterbens stand wie keine andere zuvor. Ganze zwei Exemplare sind von dieser Unterart des Breitmaulnashorns heute noch geblieben – und beide sind leider Weibchen.

Die Hoffnung lebt

Und doch ist die Hoffnung auf einen Erhalt noch nicht ganz illusorisch. Es muss aber in jedem Fall mit künstlichen Reproduktionstechniken nachgeholfen werden. Von einem wichtigen Etappensieg berichten nun Wissenschafter des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW). Sie konnten von den letzten zwei in Kenia lebenden Weibchen zehn Eizellen entnehmen. Diese sollen mit den eingelagerten Spermien eines bereits gestorbenen Bullen künstlich befruchtet werden.

"Der Eingriff ist das Resultat jahrelanger Forschung, Entwicklung, Anpassung und Übung", sagten Thomas Hildebrandt vom Leibniz-Institut und David Ndeereh von der kenianischen Wildtierbehörde (KWS), die die Prozedur im Wildtierreservat Ol Pejeta leiteten. "Sowohl die Methode als auch das dafür nötige Equipment mussten von Grund auf neu entwickelt werden." Die Eizellen werden nun nach Italien gebracht, wo sie in einem Labor künstlich befruchtet werden sollen.

Bestandsentwicklungen machen Gänsehaut

Die Prozedur wurde zuvor mehrmals an Tieren der verwandten Unterart des Südlichen Breitmaulnashorns geprobt, von der das Nördliche schon seit längerem abgetrennt ist. Von dieser Unterart gibt es heute etwa 20.000 Exemplare – wieder, muss man sagen, denn ihr Bestand war Ende des 19. Jahrhunderts auf ganze zehn Exemplare geschrumpft respektive zusammengeschossen worden. Dass diese Beinahe-Auslöschung ein Jahrhundert später von den nördlichen Verwandten sogar noch übertroffen wird, ist eine besonders tragische Note.

Und auch andere Nashornarten bewegen sich in gefährlichen Bereichen: Vom Java-Nashorn gibt es Schätzungen zufolge noch um die 50 Exemplare, vom Sumatra-Nashorn höchstens dreimal so viele. Die indischen Panzernashörner und die afrikanischen Spitzmaulnashörner bringen es immerhin noch auf vierstellige Bestandszahlen.

Hintergrund

Einst zogen auch Nördliche Breitmaulnashörner in großer Zahl durch Ost- und Zentralafrika, doch Wilderer rotteten sie aus. Seit 2008 gelten sie als in der Natur ausgestorben, die wenigen Zoo-Exemplare folgten. Im vergangenen Jahr wurde dann in Ol Pejeta das letzte Männchen wegen Altersschwäche eingeschläfert. Die Nachricht vom Tod Sudans ging um die Welt.

Doch seine Tochter Najin und seine Enkelin Fatu liefern nun die letzte Hoffnung: Sie können nach Forscherangaben aufgrund unterschiedlicher gesundheitlicher Probleme zwar nicht selbst Nachwuchs austragen, ihre Eizellen können aber für die künstliche Befruchtung (IVF) genutzt werden. Sperma von Bullen wird schon seit geraumer Zeit in flüssigem Stickstoff konserviert. Ein Südliches Breitmaulnashorn soll dann als Leihmutter ein Junges austragen.

Auch mit einem erfolgreichen IVF-Nashornbaby ist der Erhalt der Unterart freilich noch nicht gesichert. Da es nur zwei Weibchen und Spermien weniger Bullen gibt, wäre die genetische Vielfalt für den Aufbau einer sich selbst erhaltenden Population nicht groß genug. Daher arbeiten parallel zur künstlichen Befruchtung Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin an Stammzelltechnik, um aus erhaltenen Nashorn-Körperzellen Spermien und Eizellen zu züchten. (red, APA, 24. 8. 2019)