Anfang des Jahres haben wir an dieser Stelle den Smart EQ fortwo vorgestellt. Platz für zwei Personen, rein elektrisch angetrieben, und um 20.000 Euro hat man auch schon eine Handvoll Extras im Auto. Wenn Sie solch ein Fahrzeug begeistert und Sie sich nur allzu leicht aufregen, sollten Sie jetzt weiterblättern. Vielleicht nicht gerade in die Innenpolitik – aber in der Edition Zukunft sind Sie dann sicher besser bedient als in den folgenden Zeilen, denn wir wandern ans andere Ende des Produktkataloges von Mercedes-Benz und landen bei der hauseigenen Sportschmiede AMG.

Fast 640 PS zeugen von Sportlichkeit, vier Türen vom Anspruch auf Alltagstauglichkeit. Eindeutig auf der sportlichen Seite ist der Preis.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Ticken Sie anders, bekamen Sie vermutlich schon beim Anblick des Fotos feuchte Augen. Rasen wir kurz durchs schnöde Zahlenmaterial und den Technikkatalog: 639 PS. 900 Nm Drehmoment. Ein Acht-Zylinder-Benziner, dessen Brennkammern im V angeordnet sind. Wir reden da von vier Litern Hubraum und einer Bi-Turbo-Aufladung, bei der die beiden Lader nicht außen, sondern zwischen den Zylinderbänken angeordnet sind, damit sie noch spontaner ansprechen können. 6-Kolben Hochleistungsbremsen vorne. Hinterachslenkung. Luftfahrwerk. Und die 9-Gang-Automatik heißt nicht nur Speedshift, weil das toll klingt, sondern weil das Getriebe im Racemodus die Gänge reinknallt, dass in der Umgebung alle Seismografen anschlagen. Dann sind da noch das elektronisch geregelte Hinterachssperrdifferenzial zu erwähnen, die aktive Aerodynamik und der voll variable Allradantrieb. So, jetzt können Sie sich die Tränen von den Wangen wischen und durchschnaufen.

Vier Türen und Coupéform

Sich ob des opulenten Datenmaterials nun in einem Supersportwagen zu verorten, täte diesem Auto unrecht. Wir befinden uns nämlich nicht im vielleicht schon bekannten Mercedes-AMG GT 63 S, sondern in dessen großem Bruder, dem viertürigen Coupé. Das heißt, in der Serienausstattung hat man hinten zwei Einzelsitze, in denen auch Erwachsene komfortabel Platz finden – zumindest wenn sich der Fahrer an der Längs- statt Querdynamik ergötzt.

Der Arbeitsplatz im AMG.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Erstaunlich ist das Kofferraumvolumen von 461 Litern, das ja an sich so gar nicht mit den anderen Daten korreliert. Dabei hat schon der GT R, das sportlichere zweitürige Pendant, 350 Liter Platz für Gepäck. Noch einmal erstaunlicher ist, dass der noble Viertürer dem GT R von 0 auf 100 km/h sogar noch 0,3 Sekunden abnimmt.

Nicht einmal auf einen alltagstauglichen Kofferraum hat AMG vergessen.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Zylinderabschaltung

Dieser GT 63 S kann also locker beides, Renn- und Langstrecke. Doch, wirklich. AMG hat sich bei seinem dritten in Eigenregie entwickelten Fahrzeug nicht nur der Performance im Volllastbereich gewidmet, sondern sich auch der entspannten Fahrt auf der Autobahn angenommen. Dank diverser Fahrmodi wechselt man mit einem Knopfdruck zwischen Renn- und Familienwagen.

Im Komfortmodus erinnert die Reise fast an eine in der S-Klasse. Der GT segelt, entkoppelt also im Schiebebetrieb den Antriebsstrang. Und er schaltet im Teillastbereich bis zu einer Drehzahl von 3250 Umdrehungen die Zylinder zwei, drei, fünf und acht ab. So kommt man mit elf Litern aus, wenn man normal fährt.

Der Preis

Diese Spreizung, so gekonnt auf vier Räder gestellt, kostet natürlich. Im Fall des Testwagens waren es fast 250.000 Euro. Davon sind 51.597 Euro der Normverbrauchsabgabe geschuldet, 32.348 Euro der Mehrwertsteuer. (Guido Gluschitsch, 30.9.2019)