Keinesfalls alles auf einmal: Bröserl um Bröserl – so geht Breadcrumbing.

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Das ABC der Grauslichkeiten, die man bei der Partnersuche (online) erlebt, wird gerade ins Arbeitsleben übersetzt. Ghosting etwa, also ewig verhandeln, zur Unterschrift aber nicht erscheinen und nie wieder auffindbar sein. Benching – als Drittbeste ewig auf die Wartebank gesetzt werden. Stashing – alles toll in der Abteilung, aber sobald Erfolge außerhalb sichtbar gemacht werden sollen, wird man verräumt. (Der Partner wird vor Freunden im Abstellkammerl versteckt.)

Aktuell ist Breadcrumbing ein heißes Diskussionsthema. Eine fiese Hinhaltetaktik. Warmhalten hätte man früher gesagt. Man kriegt immer nur ein Bröserl, dann das nächste, ist ewig hungrig und sehnsüchtig, kommt aber nie ans Ziel. Konsequent betrieben, entsteht ein Gefängnis mit immer unerreichbarer Hoffnungskarotte. Im Dating-Dschungel gibt es ein feuriges erstes Mal, dann lang nichts. Noch immer nichts und wieder nichts. Plötzlich wird etwas gelikt, oder eine Whatsapp mit "muss an dich denken" klingelt herein. Funktioniert natürlich nur, wenn der andere so richtig bedürftig ist. Aber wer ist das nicht im Arbeitsleben – so oder so als Untergebener?

Hinstreuen zum Aufpicken

Da haben Chefs leichtes Spiel. Neue Aufgaben und Projekte, für die man auserkoren ist, werden nebulos angedeutet, gerade so viel, dass man meint: Wow, meine Fähigkeiten werden gesehen, und ich werde endlich entsprechend eingesetzt. Dann kommt lange nichts. Dann gar nichts mehr. Dann das nächste Thema. Das Opfer zermartert sich derweilen das Gehirn, welches Brotbröserl es nicht aufgepickt haben könnte, was es übersehen haben könnte.

Alles wird immer nur in Mikrodosen hingeworfen, nur dann, wenn es nötig ist; es erscheint dann ein Ausweg aus der Isolation, aber unklar, nur die ersten drei, vier Brotbröserln sind sichtbar. Das Aufpicken beginnt, um dann wieder im Nirgendwo zu stehen. Ein tolles Gespräch mit dem Chef gerade nur, wenn erkennbar wird: Der springt ab. Eine Gehalts- oder Funktionserhöhung, wenn Burnout-Symptome erkenntbar werden. Breadcrumbing ist eine beliebte und sehr wirksame Taktik, um Leute auf Linie, in Abhängigkeit und permanentem Scharren zu halten. Verhaltensökonomisch betrachtet: ausgezeichnet. Menschlich besehen: grauslich. Wirksam natürlich auch, um Leute elegant loszuwerden – wer hält das ewig aus? (Karin Bauer, 26.8.2019)