Den Treibhausgasausstoß in Industrie und Energiewirtschaft eindämmen, das war und ist das Ziel.

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Alpbach – Eine parteiübergreifende Einigkeit über eine CO2-Steuer in Österreich wird wohl nicht so schnell zustande kommen. Mehrere Parteien fürchten einen nationalen Alleingang – eine Abgabe auf Länderebene würde den Wirtschaftsstandort gefährden, so das Argument. Einige Politiker hoffen vielmehr auf eine EU-weite Lösung. Dort ist die Debatte jedenfalls alles andere als neu: Bereits in den 1990er-Jahren wurde über eine EU-weite Abgabe auf Treibhausgase debattiert. Doch der Vorstoß erreichte keine Einigkeit, stattdessen entschied man sich für die Einführung ein Emissionshandelssystem, um den Ausstoß innerhalb der Union zu reduzieren.

Das System ist einfach erklärt: Unternehmen in der Industrie und Energiewirtschaft müssen für Treibhausgase, die sie ausstoßen, Zertifikate nachweisen. Hat ein Konzern zu wenige Zertifikate für die verursachten Emissionen, muss er welche zukaufen oder eine Strafe zahlen; emittiert er weniger, kann er Zertifikate verkaufen oder für später aufheben. Ziel des Systems ist es, den Treibhausgasausstoß in Industrie und Energiewirtschaft durch vorher festgelegte Emissionsobergrenzen einzudämmen.

Viele Schwachstellen

So einfach lief es dann doch nicht. Seitdem das Handelssystem 2005 in Kraft trat, erntete es viel Kritik. "Der Emissionshandel wurde von Beginn an mit vielen Schwachstellen konzipiert", sagte Genevieve Pons, Direktorin des französischen Thinktanks Jacques Delors Institute bei einer Diskussion beim Forum Alpbach. "Es gab von Anfang an zu viele Zertifikate am Markt, das hat das System geschwächt."

Die große Anzahl hat mehrere Gründe: Zum einen wurden Zertifikate anfangs gratis ausgegeben. Mittlerweile wurde der Energiesektor jedoch aus der Gratiszuteilung herausgenommen. Ein weiterer Faktor, der nicht in die Planung des Systems miteinbezogen werden konnte, war die Weltwirtschaftskrise, sagte Peter Zapfel, der das System auf EU-Ebene maßgeblich mitentwickelt hat: "Das System hat gut funktioniert, aber dann wurden wir von einer starken Rezession getroffen." In manchen Industriesektoren gab es laut Zapfel Produktionseinbußen zwischen 30 und 40 Prozent. Dementsprechend weniger wurde emittiert, der Markt mit übrig gebliebenen Zertifikaten geflutet.

Adaption

Das System wurde daraufhin laufend adaptiert. Erst wurde die Zahl der ausgegebenen Zertifikate reduziert, zurückgehaltene oder nicht zugeteilte Zertifikate landeten in der sogenannten Marktstabilitätsreserve. Die Reduktion hat auch den Preis deutlich nach oben getrieben: Während der Preis pro Tonne CO2-Äquivalent größtenteils zwischen fünf und acht Euro lag – und zeitweise auf Cent-Beträge abrutschte – hat er sich jetzt bei mehr als 25 Euro je Tonne eingependelt.

Trotz der Kritik sieht auch Pons das Handelssystem als "etwas sehr Besonderes". Immerhin sei eine Einstimmigkeit bei großen Klimafragen auf EU-Ebene nur schwer möglich. Dennoch gebe es reichlich Spielraum nach oben. Die ehemalige WWF-Europa-Chefin schlägt vor, das Geld aus dem Handel in einem Forschungsfonds für zukunftsträchtige Technologien zu bündeln und so an Unternehmen zurückgegeben. (lauf, 27.8.2019)