Häuptling Raoni kritisiert Jair Bolsonaro wegen der Brände am Amazonas.

Foto: AFP/ALBERTO PIZZOLI

Gerade erst hat Häuptling Raoni Metuktire Papst Franziskus in Rom getroffen, danach war er bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Gast. Politiker, Künstler und die Chefs europäischer Königshäuser suchen den Kontakt zu dem charismatischen Stammesführer mit seinem imposanten Lippenteller aus Balsa-Holz. Nur ein Präsident hat bislang den Wunsch nach einem Treffen abgelehnt: Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro, Freund der Agrarlobby und von seinen Kritikern "Hauptmann Kettensäge" genannt.

Der inzwischen 87- oder 89-jährige Raoni – sein Geburtsdatum ist nicht genau bekannt – ist Kazike des Amazonas-Volkes der Kayapó und steht wie kein anderer für den jahrzehntelangen Überlebenskampf der Ureinwohner Brasiliens. Sein Wort hat Gewicht – auch international.

Kritik an Bolsonaro

"Bolsonaro soll aufhören, Unsinn zu reden", stellte er auf seiner aktuellen Tour durch Europa klar. Raoni macht dessen Politik verantwortlich für die Feuertragödie am Amazonas. Bolsonaro stachle die Bauern an, den Regenwald in Brand zu setzen, um weiteres Ackerland zu gewinnen, sagte er.

Anfang der 1950er-Jahre kam Raoni in Kontakt mit den Villas-Bôas-Brüdern – Aktivisten, die für die Rechte der Ureinwohner eintraten. Diese Begegnung habe sein Leben geändert, sagte Raoni später. Seitdem hat er sich dem Kampf für das Land der Indigenen verschrieben und ist zu einer Symbolfigur geworden.

Staatsfeind Nummer eins

Für die Holzfällermafia und die Agrarlobby wurde Raoni zum Staatsfeind Nummer eins. Es gab Attentatsversuche, Einschüchterungen und Drohungen. Doch er ließ sich nicht aufhalten.

Schnell erkannte Raoni, dass er internationale Verbündete braucht, um seine Botschaft zu verbreiten. 1978 drehte der Filmemacher Jean-Pierre Dutilleux mit Luiz Carlos Saldanha eine Doku über Raonis Kampf, die den Häuptling bekanntmachte. Doch erst 1989 verließ er zum ersten Mal Brasilien, zusammen mit Sänger Sting.

Guter Freund Sting

In 17 Ländern rief Raoni zum Kampf für den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes und der Ureinwohner auf. Nach der Tournee wurden weltweit zwölf Stiftungen gegründet, um einen Nationalpark am Fluss Xingú mit rund 180.000 Quadratkilometern zu schaffen. Sting und Raoni wurden enge Freunde.

Auf seiner derzeitigen Reise durch Europa zeigte der Kazike auch, wie global Umweltschutz ist. Er lobte die Fridays-for-Future-Bewegung und traf sich in Frankreich mit jugendlichen Aktivisten. (Susann Kreutzmann, 27.8.2019)