War es nun ein gelungenes diplomatisches Husarenstück – oder sind doch eher die diplomatischen Pferde mit dem französischen Präsidenten durchgegangen, als er Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif als Überraschungsgast nach Biarritz lud? Am letzten Tag des G7-Gipfels scheint die Rechnung für Emmanuel Macron jedenfalls aufzugehen: US-Präsident Donald Trump hat einigermaßen gut gelaunt die Demonstration geschluckt, dass die EU weiter an Zarif, den die USA soeben erst mit Sanktionen belegt haben, als Ansprechpartner festhält. Trump nahm sogar Macrons Deeskalationsplan freundlich auf: Allerdings kann das, wenn die Air Force One wieder in den USA landet, schon wieder anders sein.

Der französische Präsident Emmanuel Macron und Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif bei einem Treffen am G7-Gipfel in Biarritz.
Foto: AFP PHOTO/Javad Zarif's official twitter account

Da ist die Aussage der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bekanntlich nicht zu Übertreibungen neigt, schon ernster zu nehmen: Sie spricht von Fortschritten bei der Iran-Diplomatie. Vielleicht ist ja wirklich der Moment gekommen, an dem alle energisch einen Schritt vom Abgrund zurücktreten, in dem im schlimmsten Fall ein bewaffneter Konflikt am Golf lauern könnte.

Vielleicht trägt dazu bei, dass Israel seine Angriffe gegen iranische Ziele nun auf den Irak ausgeweitet hat. Dessen Destabilisierung wäre angesichts der Spaltung des Landes in Iran-freundliche und Iran-feindliche Kräfte möglich und ein neuer Albtraum. Es könnte aber auch umgekehrt so sein, dass Israel einige Fakten schaffen will, weil eine Rückkehr zum Primat der Diplomatie bevorsteht.

Maximaler Druck

Denn es ist eine Tatsache, dass der "maximale Druck", den die USA mit immer wieder neuen Sanktionen und Beschränkungen ausüben, dem Iran zwar empfindlich wehtut – aber trotzdem nicht die gewünschten Resultate bringt. Dem Iran ist es in den vergangenen Monaten gelungen, den Preis für diese Politik in die Höhe zu treiben: und zwar so hoch, dass einige Betroffene in der Region eigentlich nicht mehr mitmachen wollen.

Das eingängigste Beispiel dafür sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Abu Dhabi ist neben Saudi-Arabien der engste Verbündete der USA in der Region. Aber pragmatisch betrachtet sieht die Sache so aus: Eine rostige iranische Rakete auf Dubai ließe in Kürze dessen Geschäftsmodell zusammenbrechen – ganz abgesehen von der Frage, was mit dem dort geparkten iranischen Vermögen geschehen würde. Und auch der Jemen-Krieg gegen die Iran-gestützten Huthis ist den VAE zu teuer geworden.

Ob das alles reicht, um den Weg zu einer diplomatischen Lösung zu ebnen, ist dennoch mehr als fraglich. Zarif ist auf seinem Posten, nicht weil er so stark ist, sondern weil er trotz seiner Schwäche von oben gehalten wird. Die Islamische Republik befindet sich – angesichts des Alters und des Gesundheitszustands Khameneis – in einer Umbruchzeit, niemand kann die zukünftigen Dynamiken vorhersagen. Aber es ist weder zu erwarten, dass Teheran auf die US-Forderung, das Atompaket wieder aufzuschnüren, eingehen wird, noch dass Trump diese fallenlässt. (Gudrun Harrer, 26.8.2019)