Was andere längst vergessen haben, bringt er zurück in die Erinnerung: Der 37-jährige ehemalige Berufssoldat hat vor sechs Jahren die Fotografie für sich entdeckt. Doch Motive wie Blumen und Kätzchen waren ihm zu eintönig, er hat sich Lost Places verschrieben. Ob vergessene Schiffswracks, überwucherte Vergnügungsparks oder eingestürzte Schlösser, er haucht diesen Orten eine Momentaufnahme lang wieder Leben ein.

Foto: Thomas Windisch

"Sands of Time": Das Covermotiv des Bildbandes zeigt eine alte österreichische Arbeiterunterkunft, die langsam aber sicher vom Sand begraben wird. Dabei kommt der Betrachter tatsächlich kaum umhin, sich zu fragen: "Wer hat hier gelebt?"

Foto: Thomas Windisch

"Infernum": "Ich muss meist gar nicht weit reisen, um faszinierende Orte zu entdecken", so Windisch. Dabei meint er Orte wie zum Beispiel diese verlassene Hotelbar irgendwo in Deutschland, die von etwa 400 Teelichtern in ein schauriges Licht getaucht wird.

Foto: Thomas Windisch

"Take a Seat": Dieser zurückgelassene Behandlungsraum war früher Teil einer italienischen Psychiatrie. 1978 waren in Italien alle "manicomi", alle "Irrenhäuser", aufgrund dort herrschender katastrophaler Zustände geschlossen worden – und verfallen seither.

Foto: Thomas Windisch

"Unleashed": Diese gespenstische Gangszene stammt aus derselben Klinik wie obiges Bild. Trotz der teilweise dunklen Geschichte seiner Motive würde Windisch seine Fotografie aber nicht als "Dark Tourism" bezeichnen: "Ich gehe alles taktvoll an. Schließlich geht es um das Bild, das oft das einzige ist, was von einem Ort zurückbleibt."

Foto: Thomas Windisch

"Nightfall": Für dieses Bild betrachtete Windisch einen Kühlturm des AKWs in Tschernobyl aus einer völlig neuen Perspektive. Die Sperrzone in der Ukraine war der östlichste Ort, den er bisher für seine Fotografie besucht hat.

Foto: Thomas Windisch

"Books Galore": Im Schlafzimmer eines französischen Châteaus blieben massenhaft Bücher zurück – warum, weiß niemand.

Foto: Thomas Windisch

"Temple Hall": Dieses beeindruckende Motiv des 1981 vor Lanzarote gesunkenen Frachtschiffs Temple Hall hat Windisch keineswegs zufällig im Strandurlaub entdeckt. "Ich fotografiere nicht auf Reisen, ich reise um zu fotografieren – und das hat dann auch nichts mit Urlaub zu tun."

Foto: Thomas Windisch

"Jumanji": Ein Hotelzimmer in der ehemaligen DDR wird von der Natur zurückerobert. "Viele Lost Places findet man, indem man einmal nicht auf der Autobahn, sondern auf der Landstraße fährt", so der Fotograf.

Foto: Thomas Windisch

"Black Hole": Nach einem Erdbeben blieb in dieser italienischen Villa kaum ein Stein auf dem anderen. Dass solche Orte auch Gefahren bergen, ist Windisch bewusst: "Man muss immer überlegen, was einem ein Bild wert ist."

"Broken Democracy": Ein Motiv, das symbolisch für den Verfall der Demokratie steht. Es handelt sich dabei aber glücklicherweise nicht um diesen, sondern um das Parlamentsgebäude während der Generalsanierung.


Der gebürtige Grazer veröffentlicht am 16. September seinen ersten Bildband unter dem Titel "Wer hat hier gelebt?". Gemeinsam mit den Autoren Ilija Trojanow und Thomas Macho erzählt er darin eine Geschichte von Verfall, Vergessen und Vergangenheit. (Martina Reinegger, 3.9.2019)

Windisch, Trojanow, Macho
"Wer hat hier gelebt?"
216 Seiten, 130 Abbildungen, Hardcover, 45 Euro (Brandstätter-Verlag)
Foto: Thomas Windisch

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